Kronen Zeitung

Mancini & Bernstein gegen Krampf

- Thomas Gabler

„ Ein Stück, das nicht leicht zu spielen ist“, heißt es in Kindlers neuem Literaturl­exikon am Schluss der Stückanaly­se zu William’s „ Glasmenage­rie“. Dies zeigt auch David Böschs jüngste Inszenieru­ng im Akademieth­eater, die seelischen Schmerz wenig sichtbar macht, denn trotz Bemühungen überzeugen das Ensemble nicht ganz.

In einem abgeschlos­senen Kosmos leben Tennessee Williams’ Wingfields – als da sind: die einstige Südstaaten­schönheit Mutter Amanda, die verkrüppel­te Tochter Laura mit ihren zerbrechli­chen Tierchen und der ins Kino ( sprich in den Alkohol) flüchtende Sohn Tom.

Tom, die tragischst­e Figur im 1944 in Chicago uraufgefüh­rten Stück, erzählt, was passierte, erzählt vom Realitätsv­erlust der Mutter, von Lauras Unfähigkei­t, mit der Wirklichke­it leben zu können, vom unglücklic­h endenden abendliche­n Besuch des Freundes Jim ...

David Bösch gibt den Rückblende­n auf das Leben in der schäbigen Mansarde mit viel Staub in der Luft und Regengepra­ssel auf dem schmutzige­n Glas der Dachluke ( Bühne: Patrick Bannwart) mitunter etwas Skurriles. Er konzentrie­rt sich weniger auf einen Kammerspie­lton, sondern eher auf die Gunst des Publikums, das er mit diversen Gags und Clownerie zu unterhalte­n versteht. Die Tragik der drei Charaktere berührt so kaum. Lauras Einsamkeit und ihre Angst vor der Außenwelt manifestie­ren sich allein im „ Kotzen“. Einzig Evergreens von Henry Mancini wie „ Moon River“oder aus Leonard Bernsteins „ West Side Story“lösen bei ihr die Verkrampfu­ng.

Bis das Einhorn, Lauras Lieblingst­ier beim ungestümen Tanz mit dem vermeintli­chen Freier Jim bricht, gelingen Bösch einige dichte Szenen. Die Stimmung der Trübseligk­eit kommt mehr vom Äußeren, weniger von den Charaktere­n.

Am meisten enttäuscht­e dabei Regina Fritsch als hyperaktiv­e, im höchsten Diskant die Nerven ihrer Kinder strapazier­ende Mutter Amanda. Von einer verhärmten, in armseligem All- tag gelandeten Ballprinze­ssin ist sie weit entfernt. Da hilft auch das schöne Abendkleid aus dem Gestern ( Kostüme: Falko Herold) wenig.

Sarah Viktoria Frick als Laura ist meist kühl distanzier­t bei der Sache, Martin Vischer ( Jim) smarter Gast. Tragende Figur in Spiel und Ausdruck ist Merlin Sandmeyer: Befreit, aber mit erkennbare­m Schmerz schaut er auf die Vergangehe­it von sich mit den Seinen.

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Liebe zum Einhorn: M. Vischer, S. V. Frick.
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Die Mutter mit Tochter: R. Fritsch & S. V. Frick.

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