In Neid, Hass, Mordgier gefangen
Er hat an der Wien Hausrechte: Claus Guth inszenierte hier – fulminant! – einen Monteverdi- Zyklus, Schuberts „ Lazarus“& Händels Oratorium „ Messiah“. Intendant Roland Geyer holte ihn nun für ein weiteres Händel- Oratorium, „ Saul“( Text: Charles Jennens). Guth gelingt Psycho- Theater voll packender Dramatik.
Nach beinahe dreieinhalb Stunden waren sich ( fast) alle einig: ein spannender, theatralisch berührender Abend, der vom Publikum begeistert bejubelt wurde.
Claus Guth hat das Gespür, Händels Oratorien aus statischem Verharren he- rauszuführen, Szenen aufzubrechen, jeden Moment psychologisch zu untermauern.
Christian Schmidts bedrohlich monumentale düstere Räume, die auf der Drehbühne vorgeführt werden, wirken durch die Szenen belebt, spielen mit, ver- dichten die Atmosphäre. Zur Magie der Finsternis.
Laurence Cummings, Musikchef des Londoner Händel- Festivals, erweist sich am Pult des Freiburger Barockorchesters, des fein diffrenziert spielenden Originalklangensembles, als souveräner Händel- Experte. Klangfarbeneffekte schimmern verführerisch. „ Schlager“wirken pointiert. Von Erwin Ortner perfekt studiert: der Schoenberg Chor, der Händels Oratorienstil ( 1739) minutiös trifft.
Die Sänger werden von Cummings und Guth beeindruckend geführt: Saul ist für Florian Boeschs Bass eine Idealpartie. Kraftvoll markig und sonor. Ein durch Neid und Hass in geistige Verstörung Getriebener. Vor dem berühmten „ Saul und David“- Gemälde Rembrandts zeichnet Boesch diesen Gequälten, bis zum Irrsinn mordgierigen Despoten, der sein Land in den Abgrund stürzt. Die Partie wird zur Krankheitsstudie.
Der noble Countertenor Jake Arditti ( u. a. Preisträger beim Innsbrucker Cesti- Wettbewerb) begeistert als David. Ein verhalten würdevoller Kriegsheld, von Gott beschützt. Er ist der Ruhepol der Inszenierung.
Ausgezeichnet Sauls Töchter: Anna Prohaska als intrigante Merab und Giulia Semenzato, die die Michal mit hell leuchtendem Sopran, feinem Ausdruck und Eleganz singt. Der Tenor Andrew Staples beeindruckt als Sauls Sohn Jonathan in seiner Sehnsucht nach Freundschaft und Harmonie. Marcel Beekman ist ein verlässlicher Abner/ Priester/ Doeg. ( 18., 20., 23., 25. Februar).