Laut, dass es knallt!
Musikverein: Philharmoniker, Dudamel
Schneller, lauter, schärfer! Das scheint Gustavo Dudamels Rezept zu sein, Tschaikowsky- Symphonien aufzubereiten. Im Musikverein war’s diesmal die „ Vierte“. Ein Konzert, um die Wiener Philharmoniker für ihre Tage der „ Wiener“in New Yorks Carnegie Hall, Konzerte in den USA und die Südamerika- Tour fit zu machen.
Das meiste von dem, was Tschaikowsky in einem Brief an seine Gönnerin, Frau von Meck, über das Werk schreibt, wischt Dudamel vom Tisch. Da fehlen die Nuancen „ unfruchtbaren Sehnens nach Glück“, „ süße Traurigkeit“, die Schwermut und Hoffnungslosigkeit. Und auf Tschaikowskys Frage, ob er nicht lieber in einer Traumwelt Zuflucht suchen sollte, wie etwa im duftigen Walzer, geht Dudamel nicht wirklich ein. Scha- de, denn die „ Wiener“können diese „ Vierte“berückend schön spielen, wenn ein Dirigent den Spannungsbogen zwischen dem martialischen Trompetenanfang, den subtilen Träumereien und melancholischen Momenten richtig anlegt.
Vor der Pause hörte man die 2. Symphonie von Charles Ives ( 1874 bis 1954), des genialen Außenseiters, der als Versicherungsagent viel Geld machte. Die „ Zweite“ist – wie seine 1. Symphonie – vom Einfluss Dvořáks und seiner Liebe zu Volksmusik geprägt. Dass Ives zu den Urvätern der Moderne zählt, merkt man an diesem in üppigen Farben wogenden fünfsätzigen Stück allerdings nicht. Eine saubere, dichte Wiedergabe.