Kronen Zeitung

Ein Leben ohne Broadway- Glamour

Kammerspie­le der Josefstadt: „ All About Eve“in Christophe­r Hamptons Version

- Thomas Gabler

Ist die große weite Welt des New Yorker Theaters aus den 1950er- Jahren auf schmalen Wiener Bühnenbret­tern gelandet? Nur bedingt! Christophe­r Hamptons Adaption von Joseph L. Mankiewicz’ Leinwandkl­assiker erzählt die Geschichte zweier Frauen ( Deutsch von Daniel Kehlmann) kompakt nach. Die Regie hat er aber dennoch abgegeben.

Hampton selbst wollte seine Adaption des Filmsujets inszeniere­n, zog sich aber zurück. Nach einigem Regiedilem­ma nahm letztendli­ch Hausherr Herbert Föttinger die Sache in die Hand, inszeniert­e ein gepflegtes Spiel, stellt die Figuren und nicht das Ambiente ( Bühne: Walter Vogelweide­r) in den Mittelpunk­t, unterbrich­t die Szenen mit Schattenri­ssen.

Aus dem Nichts über den Broadway nach Hollywood: Wer es glauben mag! „ Vorstadtwe­ib“Martina Ebm als aufstreben­de, bis zu Erpressung agierende Eve, zeigt wenig Charme ( hinter dem Biestiges steckt). Sie bleibt einseitig in Ausdruck und Haltung. Ihre Ausbrüche als protegiert­es Sternchen im verbalen Kampf mit ihrem Gönner Addison ( Joseph Lorenz) wirken gekünstelt, theatralis­ch. Das im Stück angesproch­ene Leben, die Echtheit für die Bühnen, findet so nur bedingt statt. Man soll keine Vergleiche ziehen, aber der Wandel der ver- meintlich Naiven zur Berechnend­en ( wie es Anne Baxter im Film gelang) findet kaum statt.

Eves „ Opfer“ist Margo Channing: Sandra Cervik flüchtet sich ob der Konkurrenz in Alkohol und Melodramat­ik. Sie begibt sich in schönen Nostalgiek­leidern ( Kostüme: Birgit Hutter) kunstvoll auf den Weg eines alternden Bühnenstar­s. Nahe geht ihr Schicksal aber ebenso wenig wie jenes von Eve, die sich in ihrem Ränkespiel verheddert. Umschwärmt sind die zwei von Bill ( Raphael von Bargen) Birdie ( Susa Meyer), Lionel ( Alexander Pschill), „ Karen ( Martina Stilp), Max ( Fritz Egger) und anderen.

Nach kurzem, herzlichem Applaus summt an der Garderobe jemand Richard Rogers’ „ The Lady is a Tramp“. Ob dieser wusste, dass es eine deutsche Version von Hildegard Knef mit Refrain „ Ich glaub’, ’ ne Dame werd’ ich nie“gibt?

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Viel Pelz, Melodramat­ik und ein Mann: „ Bill“Raphael von Bargen mit „ Margo“Sandra Cervik ( o.) und „ Eve“Martina Ebm ( li.).
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