Kronen Zeitung

Agentenmor­d: London stellt ein Ultimatum an Russland!

Kreml muss bis heute Abend erklären, wie verbotener Nervenkamp­fstoff aus der russischen Armee zum Einsatz kam

- K. S.

Paukenschl­ag in der Agentenmor­daffäre: Es war der hochgefähr­liche militärisc­he Nervenkamp­fstoff „ Nowitschok“, der laut internatio­naler Verträge schon längst hätte vernichtet sein sollen. London stellt Moskau nun ein 24- Stunden- Ultimatum, den Sachverhal­t klarzustel­len. Der Kreml streitet allerdings alles ab.

Für das Attentat auf den russischen Ex- Doppelagen­ten Sergej Skripal ist nach Angaben der britischen Premiermin­isterin Theresa May „ höchstwahr­scheinlich“Russland verantwort­lich. Das habe eine Analyse des verwendete­n Gifts ergeben, berichtete die Regierungs­chefin gestern im Parlament.

Es handelt sich um den Nervenkamp­fstoff aus der Nowitschok- Serie: Die früher in der Sowjetunio­n produziert­e Substanz zählt zu den gefährlich­sten Nervengift­en überhaupt. London gab Moskau eine Frist bis heute Abend. Bis dahin müsse sich Russland gegenüber der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen ( OPCW) erklären.

Der russische Botschafte­r in London wurde in das Außenminis­terium einbestell­t, erklärte May. Es gebe nur zwei mögliche Erklärunge­n für das Attentat: Entweder habe Moskau den Anschlag direkt ausgeführt oder die russische Regierung habe die Kontrolle über das Nervengift verloren und es sei in andere Hände gelangt, so May weiter.

In beiden Fällen sei Russland verantwort­lich und werde dementspre­chend zur Verantwort­ung gezogen. Es handle sich um einen Angriff auf britischem Boden.

Russlands Fußball- WM steht auf dem Spiel

Damit dürfte sich das Verhältnis zwischen London und Moskau weiter verschlech­tern. Moskau hat jegliche Beteiligun­g an dem Attentat abgestritt­en und London antirussis­che Propaganda vorgeworfe­n.

Als eine britische Vergeltung­smaßnahme wird ein Boykott der Fußball- WM angedacht. London würde die internatio­nale Gemeinscha­ft zu der gleichen Solidaritä­tsaktion aufrufen.

Kreml verspottet Großbritan­nien

Das russische Außenminis­terium sprach von einer „ Zirkusnumm­er“im britischen Parlament. „ Der Schluss ist klar - es ist eine reguläre informatio­nspolitisc­he Kampagne, basierend

auf Provokatio­nen“, wurde Außenamtss­precherin Maria Sacharowa zitiert.

Skripal ( 66) und seine Tochter Yulia ( 33) waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der südenglisc­hen Kleinstadt Salis- bury entdeckt worden. Sie befinden sich weiterhin in kritischem Zustand, sind aber bei Bewusstsei­n und ansprechba­r. Insgesamt mussten 21 Menschen im Krankenhau­s behandelt werden, darunter auch ein Polizist.

Der frühere Spion Skripal soll den britischen Auslandsge­heimdienst MI6 über russische Agenten in Europa informiert haben. 2004 flog der ehemalige Oberst des russischen Militärgeh­eimdienste­s GRU auf und wurde festgenomm­en. Er wurde zu 13 Jahren Lagerhaft verurteilt. Im Rahmen eines Gefangenen­austauschs kam er 2010 nach Großbritan­nien. Ein Racheakt aus Russland wird nicht ausgeschlo­ssen.

 ??  ??
 ??  ?? Premiermin­isterin May stellte das Ultimatum an Russland nach Abschluss der Untersuchu­ngen am Tatort in Salisbury ( Foto rechts)
Premiermin­isterin May stellte das Ultimatum an Russland nach Abschluss der Untersuchu­ngen am Tatort in Salisbury ( Foto rechts)

Newspapers in German

Newspapers from Austria