„ Pumhart von Steyr“
Die weltweit größte mittelalterliche Steinbüchse befindet sich im HGM in Wien
Mit Militärgeschichte wird meist die Beschreibung von Feldzügen und Schlachten verbunden. Dieser Ansatz hat sich jedoch inzwischen verbreitert, sodass sich der Militärhistoriker von heute auch mit Technik-, Sozialund Wirtschaftsgeschichte auseinanderzusetzen hat. Dazu kommt noch Material- und Fertigungskunde, wenn Museumsobjekten ihre Geschichte entlockt werden soll.
Ein Beispiel dafür ist der „ Pumhart von Steyr“( Kaliber 88 cm, Gewicht 7,7 Tonnen), die weltweit größte mittelalterliche Steinbüchse – ein Geschütz, mit dem Steinku- geln verschossen wurden – im Heeresgeschichtlichen Museum ( HGM) in Wien. „ Über Herkunft, Entstehungszeit und Verwendung ranken sich zahlreiche Mythen“, erklärt Dr. Christian Ortner, Direktor des HGM. „ Er wurde in sogenannter Stab- Ring- Technik hergestellt, wobei Eisenstäbe um einen Konus gelegt und darüber heiße Eisenringe aufgezogen wurden. Diese schrumpften beim Erkalten und pressten die innen liegenden Stäbe fest aneinander“, erläutert der Historiker.
Dieses Aufschrumpfverfahren galt bereits im Spätmittelalter als Hightech. Beim Pumhart wurde dieses Verfahren sogar zweimal vorgenommen. Als Hinweis zur Datierung findet sich beim Zündloch der österreichische rot- weißrote Bindenschild und eine Schmiedemarke, die auf die steirische Ortschaft Vordernberg hinweist. Gerade in der Obersteiermark wurde die Eisenproduktion Anfang des 15. Jahrhunderts durch Gebläse- und Hammerwerke erheblich modernisiert, was die Produkte kostengünstiger machte. Die Konkurrenz versuchte, die Qualität dieser Produkte in Misskredit zu bringen und sogar verbieten zu lassen. Ein lokaler Wirtschaftskrieg war die Folge.
Erzherzog Friedrich, der spätere Kaiser, sanktionierte die neuen Fertigungsmethoden schließlich im Jahre 1448. Der Pumhart, der aufgrund seiner Dimensionierung für Kriegszwecke kaum geeignet war, dürfte von den Vordernberger Eisengewerken dann als Dank und Qualitätsbeweis für den Kaiser gefertigt worden sein. Dr. Ortner: „ Dies erklärt auch den erwähnten österreichischen Bindenschild. Die Fertigung der Büchse ist daher um das Jahr 1448 anzunehmen, der Beiname Steyr lediglich als Kürzel für Steiermark zu verstehen.“
Über Herkunft, Entstehungszeit und Verwendung ranken sich zahlreiche Mythen.
Hofrat Dr. M. Christian Ortner