Abenteuer im Kopf
„ Romeo steht auf Julia, und sie auf ihn. Familien hassen sich, deshalb dürfen sie nicht miteinander eh schon wissen. Tun es trotzdem und bringen sich um.“Viel mehrwärevomgrößten Liebesdrama aller Zeiten nicht übrig geblieben, hätte Shakespeare „ Romeo und Julia“auf Twitter lieben und leiden lassen. Das mutmaßen mit einem Augenzwinkern zumindest die Veranstalter des Österreichischen Vorlesetags, der morgen zum ersten Mal stattfindet.
Nein, zum Vorlesen sind sie wirklich nicht geeignet, die kurzen Ergüsse, die durch soziale Medien zwitschern. ( Ob man z. B. in Hunderten von Jahren ehrfurchtsvoll ausTrumpsTwitter- Account zitieren wird? – Ich bezweifle es.) Aber trotzdem machen sie der Literatur im Alltag Konkurrenz. Zwischen all den innig fixierten Smartphones entdeckt man in der Straßenbahn nur noch selten ein Buch.
Deswegen ist dieser Vorlesetag so eine wunderbare Idee. Damit wir nicht vergessen, bei den Kindern die Saat zu legen, die ewige Abenteuer in den Kopf pflanzt. Zahlreiche Studien bestätigen, wie wichtig das Vorlesen für Kinder ist, wie sehr es sie in ihrer Entwicklung fördert. Und es ist so viel schöner, als sie einfach vor irgendeinem iPad- Video zu „ parken“. Weil eine ganz besondere Wärme und Nähe beim Lesen und Zuhören entstehen. Übrigens auch noch bei Erwachsenen – nichts ist romantischer, als einander von der Liebe vorzulesen. Probieren Sie es am Vorlesetag doch aus, z. B. mit „ Romeo und Julia“– aber dem Original, nicht der Twitter- Version.