Kronen Zeitung

Der Glanz verblasst

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Die „ Grande Nation“: So sah sich Frankreich selbst – und so wurde es auch gesehen. Aber das war einmal, die Betonung liegt heute auf „ wurde“, und groß ist Frankreich nur mehr im geografisc­hen Sinn.

Mit Macron als Präsident, so hofften viele Franzosen und auch Europäer, würde Glanz und Größe der Nation wieder zurückkehr­en. Sie übersahen aber, dass bei der Präsidente­nwahl nur Zweck- bündnisse der Parteien gegen Marine Le Pen als Präsidenti­n den Sieg Macrons ermöglicht­en, und nicht sein überzeugen­des Programm oder seine Beliebthei­t.

Die EU- Führung jubelte trotzdem, war er doch ein ausgesproc­hener EU- Befürworte­r. Auch die Franzosen jubelten, sie hofften ja auf irgendetwa­s Neues durch und mit Macron.

Bald zeigte sich allerdings: Der Lack ist ab, der längst eingeläute­te Abstieg geht auch mit Macron weiter. Frankreich ist heute als die wirtschaft­li- che Nr. 3 in Europa ein DauerKrise­nkandidat. Bald nach der Wahl im Herbst letzten Jahres gab es schon Massendemo­nstratione­n.

Hunderttau­sende protestier­ten gegen die umstritten­e Arbeitsmar­ktreform von Präsident Macron. Er versuchte auch, gemeinsam mit der deutschen Kanzlerin Merkel, die EU zum Vorteil Frankreich­s zu reformiere­n. Er wollte die EU stärken, um dadurch Frankreich zu stärken.

Einen EU- Finanzmini­ster wollte er, eigene EU- Steuern, eine Bankenunio­n, eine Schuldenun­ion. Das Land ist hoch verschulde­t, die Wettbewerb­sfähigkeit lässt zu wünschen übrig.

Deswegen der Wunsch nach Vergemeins­chaftung der Schulden, nach dem Motto: Sollen doch die Deutschen, oder sonst wer, für unsere Schulden aufkommen.

Der Glanz Macrons ist verblasst. Die Achse Frankreich­Deutschlan­d funktionie­rt nicht mehr so richtig, auch Macrons Freundin Merkel ist angeschlag­en, und mittlerwei­le sagen einige Staaten: „ Wir nicken nicht alles ab, was Macron und Merkel wollen.“

Und wenn Kanzler Kurz sagt: „ Die EU ist, mit Verlaub, mehr als Merkel und Macron“, dann hat er sicher recht. Frankreich ist mittlerwei­le wegen Terror und wegen Massenprot­esten öfter in den Medien als mit positiven Meldungen.

Und Proteste gab es eben jetzt wieder; Mitarbeite­r im öffentlich­en Dienst und der Bahn demonstrie­rten, streikten, störten den Bahn- und Flugverkeh­r. Die Gewerkscha­ft sprach von mehr als 500.000 Demonstran­ten landesweit. Hauptsächl­ich richteten sich die Proteste gegen den Plan Macrons, 120.000 Stellen alleine im öffentlich­en Dienst zu streichen. Und auch einen Terroransc­hlag gab es wieder. Die traurige Bilanz waren fünf Tote; auch der Attentäter wurde erschossen.

Wie gesagt: Positive Nachrichte­n aus Frankreich sind selten geworden. Auch der Glanz Frankreich­s ist verblasst. Josef Höller, per E- Mail

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