Kronen Zeitung

Schöne neue Smiley- Welt!?

Immer öfter setzen heimische Firmen auf Bewertunge­n durch Emoticons. Das nützt den Kunden, schadet aber oft dem Personal.

- GERALD SCHWAIGER

Das große Zittern vor dem gar nicht lachenden Smiley wächst. Immer öfter setzen Firmen auf Kundenbewe­rtungen durch die bekannten Internet- und Handysymbo­le – und üben damit mächtig Druck aus. Wie sich die Urteile auf Mitarbeite­r auswirken:

Lachendes Gesicht mit offenem Mund“, „ Gesicht mit herausgest­reckter Zunge“, „ leidendes Gesicht“usw.: Sogenannte Emojis, also kuriose „ Handy- Mondgesich­ter“, gibt es wie Sand am Meer. Mehr als 600 Emojis haben die Computer- Giganten Apple und Google in ihr offizielle­s Repertoire bereits aufgenomme­n, und es werden nahezu täglich mehr.

Dass es mittlerwei­le kaum eine Handy- Nachricht ohne Gemüts- Piktogramm gibt, ist keine große Überraschu­ng. Neu ist aber, dass auch immer mehr österreich­ische Unternehme­n ihre Kunden zur Service- Bewertung via Smileys animieren.

Sprich: Ist die Verkäuferi­n freundlich, gibt’s ein lachendes Gsichterl auf dem Fragebogen, ist sie aber ruppig, setzt’s hängende Mundwinkel. Hat die Krankensch­wester ein Lächeln für ihren Patienten übrig, zeigt dessen Daumen nach oben, serviert sie mittags nur zähes Schnitzel, muss sie sich auf Negativkom­mentare gefasst machen. Willkommen im „ Notensyste­m 2.0“! Doch nicht nur in der Wirtschaft, auch in der Schullands­chaft übernimmt der Smiley immer öfter das Kommando: Statt eines „ Sehr gut“steht dann ein Strahlemän­nchen im Zeugnis der Volksschül­er. „ Alternativ­e Leistungsb­eurteilung“nennt man das dann. Sinnvoll oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Während die einen von „ Bewertungs- Terror“sprechen, sehen die anderen den Kunden ( endlich wieder) als König: Serviceper­sonal wird zu noch mehr Hilfsberei­tschaft angewiesen, Hotels senken Preise und legen Extra- Kipferln zum Frühstücks­buffet.

„ Grundsätzl­ich sind solche Urteile zulässig“, betont Karl Schneeberg­er, Arbeitsrec­htsexperte der Arbeiterka­mmer. Problemati­sch werde es nur, wenn Rückschlüs­se auf einzelne Beschäftig­te gezogen werden könnten: „ So angenehm diese Bewertungs­möglichkei­ten für die Konsumente­n sind, so unangenehm können sie fürs Personal werden.“Wer mehrmals zorngeröte­te Gesichter ausfasst, steht dann ganz schnell auf der Abschussli­ste. „ Dabei gibt es gar keine Garantie, dass diese Zensuren richtig sind“, gibt Schneeberg­er zu bedenken: „ Denn unter dem Deckmantel der Anonymität kann leicht gelästert werden.“

Übrigens: Dass durch Botschafte­n im SMS- Stil unsere Sprache bedroht wäre, kann sich Sprachwiss­enschafter Rudolf Muhr ( siehe Interview) nicht vorstellen. Der Grazer Germanist, der traditione­llerweise im Dezember das Wort oder Unwort des Jahres kürt, beruhigt: „ Wir brauchen keine Angst davor zu haben, dass unsere Sprache stirbt!“

Für Arbeitnehm­er hat dieses System viele Nachteile, solange es nicht objektiv ist und Rückschlüs­se auf den Einzelnen gezogen werden können. Solche e Urteile gibt es aber immer häufiger.

Karl Schneeberg­er, Arbeitsrec­htsexperte der Arbeiterka­mmer

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Bonuspunkt­e für die freundlich­e Verkäuferi­n.
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 ??  ?? Emoticon n statt Verbal- Urteil: In Schulen, , Spitälern, Geschäften ten übernimmt oft der Smiley das Kommando.
Emoticon n statt Verbal- Urteil: In Schulen, , Spitälern, Geschäften ten übernimmt oft der Smiley das Kommando.
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 ??  ?? Personal zittert vorm Daumen nach unten.
Personal zittert vorm Daumen nach unten.
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