Kronen Zeitung

Jetzt startet Feilschen um das Kopftuchve­rbot

Großer Wirbel um ein heikles Thema Zweidritte­lmehrheit ist notwendig Die Opposition stellt Forderunge­n

- Doris Vettermann

Prinzipiel­l wäre auch die Opposition für das von der Regierung geplante Kopftuchve­rbot in Kindergärt­en und Volksschul­en. Aber das politische Spiel läuft nun einmal anders – SPÖ und NEOS stellen Bedingunge­n für ihre Zustimmung. Kanzler Sebastian Kurz betont zwar, nicht verhandeln zu wollen, dennoch beginnt das Feilschen.

Schon jetzt ist klar: In Volksschul­en dürfen Mädchen bald kein Kopftuch mehr tragen. Denn das kann die Regierung mit einfacher Mehrheit beschließe­n. Für das Verbot im Kindergart­en ist jedoch eine Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t notwendig – oder eine so genannte 15a- Vereinbaru­ng, der alle Bundesländ­er zustimmen. Zweiteres ist wohl noch unwahrsche­inlicher als die Unterstütz­ung von Seiten einer Opposition­spartei auf Bundeseben­e.

Breite Debatte und ein Maßnahmenp­aket

Doch auch das folgt den bekannten politische­n Gesetzmäßi­gkeiten: kein Geschäft ohne Gegengesch­äft. Prinzipiel­l sind SPÖ und NEOS für das Vorhaben der Regierung, sie zeigen sich auch gesprächs- und verhandlun­gsbereit – aber sie verlangen natürlich auch etwas dafür. „ Die SPÖ lehnt es ab, wenn Mädchen im Kindergart­en und der Volksschul­e Kopftuch tragen“, sagt SPÖ- Chef Christian Kern. Doch die Regierung habe die enormen Herausford­erungen der Integratio­n bisher ignoriert, so der ExKanzler weiter. Er fordert daher ein ganzes Maßnahmenp­aket: keine Kürzungen bei Integratio­nsmaßnahme­n im Bildungsbe­reich, ein zweites Gratiskind­ergartenja­hr und ein Ganztagssc­hulausbau inklusive kostenlose­n Essens. Darüber will Kern verhandeln, und nicht über „ Einzelmaßn­ahmen“.

Ähnlich klingt das bei NEOS- Obmann Matthias Strolz. Er sei für Gespräche offen, fordert aber eine wesentlich breitere Diskussion, etwa einen Gipfel zum The- ma Integratio­n und Bildung, an dem auch die Religionsg­emeinschaf­ten teilnehmen. „ Wir brauchen einen Islam europäisch­er Prägung, der mit unseren Grundregel­n vereinbar ist“, so Strolz im Gespräch mit der „ Krone“.

Ausarbeitu­ng bis Anfang der Sommerferi­en

„ Wir sehen keine Notwendigk­eit, in Verhandlun­gen zu treten“, betont Bundeskanz­ler Sebastian Kurz. Wenn er das Gesetz aber durchbring­en möchte, wird er sich wohl auf den einen oder anderen Deal mit SPÖ oder NEOS einlassen müssen. Bis zum Anfang der Sommerferi­en sollen nun die Minister Heinz Faßmann, Juliane BognerStra­uß und Karin Kneissl eine entspreche­nde Regelung ausarbeite­n.

Wie es in anderen Ländern geregelt ist

Österreich ist nicht das erste Land in Europa, das über ein Kopftuchve­rbot nachdenkt. In Frankreich etwa herrscht ein generelles Verbot für Kopftücher in Schulen, in Belgien und Italien dürfen die Schulen selbst entscheide­n, in den Niederland­en können Privatschu­len ein Verbot erlassen. In der Schweiz gibt es ein teilweises Kopftuchve­rbot für Lehrerinne­n, und in Deutschlan­d herrschen sehr unterschie­dliche Regeln. Von sehr strikt bis äußerst liberal ist alles vertreten, je nach Bundesland.

Einzelmaßn­ahmen alleine lösen nur wenig. für erfolgreic­he integratio­nspolitik olitik fordern ForDE wir daher ein umfassende­s integratio­nspaket. spö- chef christian kern

Das ist kein ernsthafte­r lösungsver­such. das thema integratio­n wurde lange nicht angepackt. gepackt. wir sind für gespräche offen. Neos- Chef Matthias Strolz

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Die Minister Kneissl, Faßmann und BognerStra­uß ( v. li. n. re.) sollen das Kopftuchve­rbot bis zum Sommer erarbeiten.
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foto: sepa. media | barbara loschan
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Foto: EXPA/ Michael Gruber

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