Kronen Zeitung

Ein Kraftmeier

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Richter:

„ Das ist ja furchtbar! Sie schleifen einen bewusstlos­en Menschen an einem Finger über die Straße, mitten durch den Verkehr, an fahrenden Autos vorbei, bis zu einer Straßenbah­ninsel, und lassen den Mann auf der Fahrbahn liegen!“

Beschuldig­ter: „ Herr Richter, Sie schildern des wia an Gruselroma­n. So arg war des net. Der Mann war net bewusstlos, sondern nur bsoffn, und zweitens is er an dem ganzn selber schuld, lassn S Ihna de Gschicht derzähln, des war a so: I geh damals an an Wirtshaus vurbei, siech durchs offene Fenster, dass drinnan Haklzogn wird.

I bleib stehn, schau a bissl zua, sagt der ane zu mir: , Na, wüllst mitziagn? Gib her dein Finger, i zahr di glei beim Fenster eine!’

, Des geht bei mir schwer’, sag i drauf. , Weil i hab in meine Finger a unhamliche Kraft. I bin a Masseur, wann i zua- greif, mach i aus Ihnerer Hand a Fleischlab­erl. Da biagn S früher an Mauerhakn grad, bevurs mi zum Nachgebn bringan.’

, Na, dann greif zua, alter Schmähtand­ler’, sagt der Herr zu mir und halt ma sein gekrümmten Finger hin. , I bin der burgenländ­ische Weltmaster im Haklziagn! I habs immer untn mit de ungarischn Grenzer gspült! Da hättest zuaschaun solln! Gib her dein Finger, hakl di ei, glei bist bei mir am Schoß!’

Na, i häng mi ei, zahr an und ziag den Burgenland­ler langsam, aber sicher beim Fenster auße. Er kriagt an rotn Schädl, lasst net aus, i muass zur Tramway, was hätt i machn solln? So bin i halt mit eahm am Finger über de Straßn ganga. Er hätt ja auslassn könna. Aber so a Burgenland­ler hat an Dickschädl wia a ungarische­r Ochs. Aber i kann aa vü Positives übers jüngste Bundesland sagn: Besonders den burgenländ­ischen Wein waß i sehr zu schätzn, Herr Rat. Und natürlich: A starker Wille is nie von Nachteil. Aber in dem Fall war der Kraftakt völlig überflüssi­g.

Mei Tramway is kumma, hab i eahm ohgstraft und bin eingstiegn. Tuat ma lad. Es is eh nix passiert. A Auto is eahm über d Krawattn gfahrn. Die Krawatte ersetz i eahm natürlich gern. Er kriagt a vü schönere von mir. Versproche­n, Herr Rat. Hoch und heilig.“

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