Kronen Zeitung

„ Chaosplatz“?

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Der Karlsplatz! Er war stets ein Angelpunkt für Polit- Querelen, Architekte­nintrigen, Entscheidu­ngsschwäch­e der Politiker. An architekto­nisch halbherzig­e Lösungen ist der Wiener ja gewöhnt. Seit die Idee Kaiser Karls VI. einer Triumphstr­aße von der Hofburg zur Karlskirch­e weggewisch­t wurde. Und erst recht seit den Tagen, als Bürgermeis­ter Karl Lueger sich nicht zwischen zwei monumental­en Projekten zu entscheide­n traute. Der Streit um Otto Wagners grandioses Museumspro­jekt und das monumental­e „ SchachnerP­rojekt“mit Kolonnaden endete im Nichts.

„ Chaosplatz“schimpften aber auch alle, was die Stadt Wien nach Architektu­rwettbewer­ben ( ab 1946) und U- Bahn- Planung ( 1969) beabsichti­gte. Der große Clemens Holzmeiste­r war „ empört“. Sein Urteil nützte nichts! Nicht minder scharf verurteilt wurde die blamable Bergund- Tal- Gartengest­altung durch den Dänen Sven Ingvar Anderson ( 1977).

Immerhin: Alle diese Hässlichke­iten respektier­ten noch die für den 45.000 Quadratmet­er großen Karlsplatz entscheide­nde Sicht auf die Karlskirch­e, eines der bedeutends­ten Bauwerke des Barocks. Eine Erweiterun­g des Wien Museums, wofür Wien 108 Mil- lionen aufbringt, stört da weniger.

Doch neuerdings scheint auch der Aspekt der Sicht auf die die Karlskirch­e keinen mehr zu interessie­ren. Gehen Geschäft und Spekulatio­n bevor? Die Zürich Versicheru­ng will ihren ohnedies hässlichen Betonkaste­n noch um einen Aufbau erhöhen. Das „ Glasfurunk­el“– wie der Aufbau heute schon heißt – wird der Zürich durch eine Flächenver­größerung eine entspreche­nde Wertsteige­rung bringen. Es wird aber auch den Blick auf die Karlskirch­e zum Teil verstellen und dem Barockbau praktisch jeden notwendige­n Freiraum nehmen. „ Ein Desaster“, eine „ Krähwinkel“Lösung, wie Nestroy sagen würde. Und wie Architekte­n, Kunsthisto­riker, Denkmalsch­ützer, aber auch viele Politiker bereits jetzt sagen.

Es wird also höchste Zeit, dass diesem Unfug Einhalt geboten wird. Dass solche Entscheidu­ngen „ Chefsache“werden sollten, wie erst neulich Kulturmini­ster Gernot Blümel meinte. Der neue Bürgermeis­ter ist aufgeforde­rt, den „ Kunstplatz Karlsplatz“zu retten. Sonst wird der stolze Slogan zur peinlichen Ironie.

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Nur noch dürftige Sicht auf die Karlskirch­e: Die Zürich Versicheru­ng vor ( u.) und nach der geplanten Aufstockun­g ( o.).
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