36 Staatsanwälte für zwölf Polizeipferde
Österreichs Justizbediensteten reicht es: Seit Jahren werden neue Jobs versprochen, um Terrorismus, Cybercrime und Korruption bekämpfen zu können. Stattdessen werden nun Hunderte Posten eingespart.
Der Herr Rat, der sich’s richtet – und nur auf dem Tennis- oder Golfplatz anzutreffen ist: „ Ein müdes Klischee von früher“, meint ein Klagenfurter Richter. „ Längst passé. Ich arbeite oft 60 Stunden die Woche und weiß manchmal kaum, wo mir der Kopf steht.“
Vielen seiner 1698 Richterkollegen in Österreich geht’s ähnlich, auch die 401 Staatsanwälte stöhnen unter dem Arbeitsdruck, der durch Terrorismus, Cybercrime, Hasspostings und Bankskandale ansteigt. Die Kriminalfälle werden komplizierter; sind oft international verflochten. Allein am Landesgericht Klagenfurt arbeiten fünf von zwölf Strafrichtern nur die Altlasten der Hypo- Milliardenaffäre ab. Trotzdem soll es ab sofort nicht mehr, sondern weniger Posten geben.
„ Absolut unmöglich zu bewältigen“, klagt Staatsanwäl- tin Cornelia Koller. Sie und Generalanwalt Martin Ulrich haben bei einer Protestaktion auch eine hübsche Rechnung parat: „ Innenminister Herbert Kickl bekommt zwölf Polizeipferde für Wien. Die kosten 900.000 Euro. Für dieses Geld könnte man 36 neue Staatsanwälte ernennen.“
Deutschland zeige vor, wie es geht. Da wird nicht nur bei der Polizei, sondern auch im Justizressort massiv aufgestockt. „ Das nennt man effiziente Sicherheitspolitik“, so Koller. „ In Österreich dagegen sollen zwar weitere 4100 Polizisten kommen – aber wer wird ihre Anzeigen denn bearbeiten? Es krankt. Wenn wir nichts ändern, werden wir zum Paradies für terroristische Aktivitäten.“
Strafjuristen warnen vor „ Justizkollaps“
Solche Warnungen von der „ Front“wird die Regierung nicht gerne hören. Und auch nicht, dass schon von „ Justizbankrott“und „ Kollaps des Rechtsstaates“die Re- de ist – zumindest wenn es um die Ausbildung zukünftiger Juristengenerationen geht. Derzeit steht alles; aus Geldmangel gibt es kaum Ausbildungsplätze für Richteramtsanwärter, für junge Juristen wird der Staatsdienst unattraktiv. „ Jeder zweite Bedienstete ist über 50“, warnt Richtersprecherin Sabine Matejka. „ Es steht eine Pensionierungswelle an, bei der wir auf keine Ressourcen zurückgreifen können.“
Matejka hofft daher auf „ den Sieg der Vernunft“. Ein erstes positives Signal gäbe es von Vizekanzler HeinzChristian Strache: „ Er hat uns zugesagt, dass zumindest die Richterstellen nicht gekürzt werden sollen“, berichtet Matejka nach einem Treffen am Donnerstag. „ Genaueres soll erst mit Justizminister Josef Moser besprochen werden, sobald er fit ist.“Moser dürfe „ Rücklagen“aufbrauchen ( siehe Seiten 2/ 3).