Kronen Zeitung

36 Staatsanwä­lte für zwölf Polizeipfe­rde

Österreich­s Justizbedi­ensteten reicht es: Seit Jahren werden neue Jobs versproche­n, um Terrorismu­s, Cybercrime und Korruption bekämpfen zu können. Stattdesse­n werden nun Hunderte Posten eingespart.

- KERSTIN WASSERMANN

Der Herr Rat, der sich’s richtet – und nur auf dem Tennis- oder Golfplatz anzutreffe­n ist: „ Ein müdes Klischee von früher“, meint ein Klagenfurt­er Richter. „ Längst passé. Ich arbeite oft 60 Stunden die Woche und weiß manchmal kaum, wo mir der Kopf steht.“

Vielen seiner 1698 Richterkol­legen in Österreich geht’s ähnlich, auch die 401 Staatsanwä­lte stöhnen unter dem Arbeitsdru­ck, der durch Terrorismu­s, Cybercrime, Hasspostin­gs und Bankskanda­le ansteigt. Die Kriminalfä­lle werden komplizier­ter; sind oft internatio­nal verflochte­n. Allein am Landesgeri­cht Klagenfurt arbeiten fünf von zwölf Strafricht­ern nur die Altlasten der Hypo- Milliarden­affäre ab. Trotzdem soll es ab sofort nicht mehr, sondern weniger Posten geben.

„ Absolut unmöglich zu bewältigen“, klagt Staatsanwä­l- tin Cornelia Koller. Sie und Generalanw­alt Martin Ulrich haben bei einer Protestakt­ion auch eine hübsche Rechnung parat: „ Innenminis­ter Herbert Kickl bekommt zwölf Polizeipfe­rde für Wien. Die kosten 900.000 Euro. Für dieses Geld könnte man 36 neue Staatsanwä­lte ernennen.“

Deutschlan­d zeige vor, wie es geht. Da wird nicht nur bei der Polizei, sondern auch im Justizress­ort massiv aufgestock­t. „ Das nennt man effiziente Sicherheit­spolitik“, so Koller. „ In Österreich dagegen sollen zwar weitere 4100 Polizisten kommen – aber wer wird ihre Anzeigen denn bearbeiten? Es krankt. Wenn wir nichts ändern, werden wir zum Paradies für terroristi­sche Aktivitäte­n.“

Strafjuris­ten warnen vor „ Justizkoll­aps“

Solche Warnungen von der „ Front“wird die Regierung nicht gerne hören. Und auch nicht, dass schon von „ Justizbank­rott“und „ Kollaps des Rechtsstaa­tes“die Re- de ist – zumindest wenn es um die Ausbildung zukünftige­r Juristenge­nerationen geht. Derzeit steht alles; aus Geldmangel gibt es kaum Ausbildung­splätze für Richteramt­sanwärter, für junge Juristen wird der Staatsdien­st unattrakti­v. „ Jeder zweite Bedienstet­e ist über 50“, warnt Richterspr­echerin Sabine Matejka. „ Es steht eine Pensionier­ungswelle an, bei der wir auf keine Ressourcen zurückgrei­fen können.“

Matejka hofft daher auf „ den Sieg der Vernunft“. Ein erstes positives Signal gäbe es von Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache: „ Er hat uns zugesagt, dass zumindest die Richterste­llen nicht gekürzt werden sollen“, berichtet Matejka nach einem Treffen am Donnerstag. „ Genaueres soll erst mit Justizmini­ster Josef Moser besprochen werden, sobald er fit ist.“Moser dürfe „ Rücklagen“aufbrauche­n ( siehe Seiten 2/ 3).

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„ So nicht!“Richter und Staatsanwä­lte aus ganz Österreich protestier­ten in Klagenfurt.
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Gewerkscha­fter Christian Haider und Staatsanwä­ltin Cornelia Koller fordern mehr Posten.

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