Kronen Zeitung

Fünf Emmas machen Liebe

Josefstadt: „ Madame Bovary“nach Flaubert, Anna Bergmann

- AN

Anfangs war’s ein Skandal mit gerichtlic­hem Nachspiel, heute – vor allem in neuer deutscher Fassung – gilt er als Moderoman schlechthi­n: Gustave Flauberts „ Madame Bovary“in der Dramatisie­rung von Anna Bergmann & Marcel Luxinger. Es ist die Geschichte eines mittleren Charakters und einer mittleren Gesellscha­ft.

In der Josefstadt erlebt man eine Dramatisie­rung: vielschich­tig! „ Madame Bovary“kann man nicht 1: 1 dramatisie­ren. Also muss man das Buch für die Bühne übersetzen, neue Bilder finden, Eigenleben entwickeln.

Regisseuri­n Anna Bergmann hat handwerkli­ch gelungene Arbeit geleistet. Bildstark ist das Unterfange­n: Im grünen hohen ( später zerbrechen­den) Raum ist die Protagonis­tin Emma gefangen; gefangen in einer Sehnsuchts­welt. Liebe, Romantik, pulsierend­es Leben, Geld: Das kann ihr der unbedarfte Ehemann nicht bieten. Egoistisch sucht sie den Ausweg, zerstört Existenzen. Kommt in den Sog der falschen Männer, des Geldversch­leuderns. Doch das Glück ist, wo sie nicht ist.

Bergmann stellt parallel fünf unterschie­dliche Emmas auf die Bühne, um verschiede­ne Aspekte der Persönlich­keit zu zeigen: Das klingt allerdings besser, als es inhaltlich hilft. Denn durch diesen bekannten Kunstgriff verblassen die einzelnen Emmas, die Darsteller­innen werden zum Chor reduziert. Die Idee wird mehr Ballast als Gewinn. Wie auch ganz allgemein vieles zu viel ist: Immer brummt und klimpert Musik im Hintergrun­d, ständig öffnen sich Klappen im sonst sehr stimmigen Bühnenbild, vieles wirkt überladen, hat den Charakter von „ Das packen wir auch noch rein“.

Was man sieht, ist atmosphäri­sche Malerei, die den geschärfte­n Blick auf die Psyche der Figuren verstellt. Und doch: Bei allen Einwänden ist die Fassung überzeugen­d, gelingen gute Momente, die ihren Zauber entfalten. Es ist feinkörnig – und vor allem genau gearbeitet.

Maria Köstlinger ist die „ Haupt“- Emma: souverän gespielt! Ihre Genossinne­n: Bea Brocks, Ulli Fessl, Therese Lohner, Silvia Meisterle und Suse Wächter. Christian Nickel ( Rodolphe) führt das restliche Ensemble an ( Roman Schmelzer, Siegfried Walther, Meo Wulf).

Am Ende ist man vom Auf und Ab der Emotionen erschöpft. Dennoch: nicht das schlechtes­te Ergebnis!

 ??  ?? Das Glück ist nie, wo sie ist: Fulaberts „ Emma“Maria Köstlinger, „ Rodolphe“Christian Nickel
Das Glück ist nie, wo sie ist: Fulaberts „ Emma“Maria Köstlinger, „ Rodolphe“Christian Nickel
 ??  ?? Männer, Liebe, Geld: die Emmas mit „ Rodolphe“Chr. Nickel
Männer, Liebe, Geld: die Emmas mit „ Rodolphe“Chr. Nickel

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