Betrug an Herz und Geldbeutel
Eine Anwältin soll Geld eines Häftlings veruntreut haben. Dieser war in die Frau unsterblich verliebt und fühlt sich jetzt betrogen – im Herz und auch im Geldbeutel.
„ Mein heiß geliebtes Zauberwesen, mein Rehlein, Traumfrau“– so begann ein Häftling viele Briefe an seine Anwältin. Die blieb von den glühenden Liebesbezeugungen ungerührt und verrechnete kühl Dutzende Besuche, hundert Stunden Telefonate und Fahrtkosten. Da erstattete der Häftling Strafanzeige.
2014 saß der Mann wegen Betrug in der Strafanstalt Stein ( NÖ). Er hat ein tragisches Schicksal hinter sich: In der Jugend wurde er in einem Heim missbraucht und kassierte dafür während der Haft 30.000 Euro Entschädigung. Er engagierte eine Wiener Anwältin und sagt jetzt: „ Ich wollte das Geld bis zu meiner Entlassung bei ihr hinterlegen, ich dachte, da ist es auf der sicheren Seite.“
Es gab intensiven Kontakt in der Zeit der Haft – umstritten ist das Motiv dafür. Der Häftling: „ Ich war einsam, aber ich glaubte sie damals an meiner Seite. Ich dachte, da wartet
jemand auf mich.“Deshalb zitierte er die Juristin zu Besprechungen nach Stein und schrieb Briefe. Richterin Andrea Philipp- Stürzer hält das Papierpaket in die Höhe. Verteidiger Wolfgang Blaschitz: „ Er rief die Kollegin auch 50- mal täglich an.“
Auf der Kostenliste schienen allein 5000 Euro für 100 Stunden Telefonate auf – eh kostengünstig, wie die Anwältin versichert. Denn für sie war es eine reine Geschäftsbeziehung und sonst nichts. Ihrer Rechnung nach blieben von den 30.000 Euro am Ende nur 4000 übrig. 17.000 Euro seien Kosten gewesen, den Rest überwies sie angeblich an Freunde des Häftlings. Dieser hat Anzeige erstattet, weil die Rechnung falsch sei und weil er sich betrogen fühlt – im Herz und im Geldbeutel.
Die Anwältin, die sich wegen Untreue verantworten muss, verteidigt sich: „ Ich habe ihm eh gesagt, die ständigen Telefonate müssen aufhören, das kostet viel Geld. Er hat geantwortet: Sie geben mir halt Kraft.“Es wurde vertagt.