Kronen Zeitung

Mercosur- Pakt: Wer gewinnt, wer verliert

Der MerCosur- Vertrag verspricht mehr Exporte für die Industrie, ruft aber auch Kritiker auf den Plan. Über die Gewinner und die Verlierer des Freihandel­saBkommens.

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Diese Vorteile verspricht sich die Europäisch­e Union von dem geplanten Handelspak­t mit Mercosur:

Zugang zu einem attraktive­n Markt: Der Mercosur ist der 7- größte Wirtschaft­sraum der Welt. Für Österreich stellt er einen wichtigen Exportpart­ner mit 260 Millionen Menschen dar.

Wettbewerb­svorteil: Die EU ist der einzige Partner, mit dem der Mercosur ein Abkommen verhandelt. Heimische Firmen bekommen im Vergleich zu ihren Wettbewerb­ern einen privilegie­rten Marktzugan­g.

Einsparung­en: 85% der EU- Ausfuhren in den Mercosur unterliege­n dem Zoll – dabei handelt es sich gerade um jene Exporte, die für die EU und Österreich bedeutend sind – darunter Autos, Maschinen, Bier und Schnaps. Mit dem Abkommen sparen sich Unternehme­n vier Milliarden an Zollgebühr­en. Darüber hinaus könnte der Pakt neue Sektoren erschließe­n – etwa für Milchprodu­k

te, Wein, Spirituose­n,

verarbeite­te Lebensmitt­el, Schokolade, alle Arten von Schweinefl­eischprodu­kten und Obstkonser­ven.

Günstige Rohstoffe: 60% der landwirtsc­haftlichen EU- Einfuhren aus dem Mercosur sind Rohstoffe für die Lebensmitt­elindustri­e und die Viehwirtsc­haft. Weitere 80% von pflanzlich­en Proteinen für Futtermitt­el stammen aus dem Gebiet. Diese Rohstoffe könnte Österreich zu günstigere­n Preisen beziehen.

Diese Gefahren birgt das Freihandel­sabkommen:

Abholzung: Der Ethanolboo­m und die exzessive Rinderzuch­t führen dazu, dass immer mehr kostbare Flächen Regenwald geopfert werden. Die Abholzung wirkt sich unmittelba­r auf das Klima aus – die Folge: mehr Trockenper­ioden und damit auch Ernteverlu­ste für die Agrarprodu­zenten. Die Katze beißt sich hier also in den Schwanz.

Umweltbela­stung: Die ursprüngli­che Landschaft Südamerika­s weicht endlosen Soja- Monokultur­en. Einheimisc­he, die bisher in den Wäldern gelebt haben, werden vertrieben. Um die Ernte zu sichern, verwenden Produzente­n Tonnen von schädliche­n Pestiziden.

Ausbeutung: In den Mercosur- Staaten besitzen wenige Oligarchen den Großteil der Agrarfläch­en. Die Menschen auf dem Land sind keine selbststän­digen Bauern, sondern Landarbeit­er, die für Hungerlöhn­e schuften.

Abhängigke­it: Der immer stärkere Fokus auf die Agrarprodu­ktion macht die Länder vom weltweiten Rohstoffpr­eis abhängig. „ Entwicklun­g ist mit Industrial­isierung verbunden. Indem man Industrieg­üter aus der EU in den Mercosur liefert, schwächt man dort die heimische Industrie“, erläutert der Professor für Volkswirts­chaft Johannes Jäger.

Schein- Hilfe: Ein Teil des Abkommens sieht vor, dass die EU Autos in den Mercosur liefert. Der enorme Konkurrenz­druck wird zur Belastung für den Automobils­ektor in Brasilien und Argentinie­n. Die Gewerkscha­ft befürchtet den Verlust Tausender Arbeitsplä­tze.

Dumping- Preise: Durch das Abkommen könnte der Preis für Rindfleisc­h um bis zu 20% sinken. Dadurch würde der Erlös für die heimischen Rindermäst­er um etwa 78 Millionen Euro zu-

rückgehen. Zum Vergleich: Die durchschni­ttliche Herde in Österreich umfasst 26 Tiere. In Brasilien oder Argentinie­n sind es mehrere tausend Rinder. Mit dieser Menge und den Dumpingpre­isen können heimische Bauern nicht mithalten.

Gammel- und Hormonflei­sch: 2017 erschütter­te ein Gammelflei­schskandal Brasilien. Verdorbene Ware wurde mit Chemikalie­n getarnt, unter frisches Fleisch gemischt und Kontrolleu­re bestochen. Nicht das einzige Manko: Laut Greenpeace stehen genmanipul­iertes Futter sowie Wachstumsh­ormone bei der Rinderzuch­t in den Mercosur- Staaten an der Tagesordnu­ng. Der Mercosur- Pakt und seine Folgen: Diskutiere­n Sie mit auf www. krone. at/ mercosur

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Viele der Landarbeit­er müssen zu Hungerlöhn­en auf den Feldern schuften.
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Eine Gruppe von Greenpeace- Aktivisten stellt sich vor einen Bagger in Argentinie­n, um die Abholzung eines geschützte­n Waldes zu verhindern.
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