Gerechtigkeit
„ Mr. Weinstein hat die Besetzungscouch nicht erfunden. Schlechtes Benehmen steht hier nicht vor Gericht“, meinte Anwalt Benjamin Brafman lapidar vor dem Gerichtsgebäude in New York, aus dem sich kurz zuvor Hollywoods Bösewicht Nummer eins durch den Hinterausgang verdrückt hatte.
Nasenbohren in aller Öffentlichkeit, auf die Straße spucken, Nicht Bitte oder Danke sagen, mit Schimpfworten um sich werfen – all das ist schlechtes Benehmen. Doch was in der Anklageschrift gegen Harvey Weinstein steht, dafür kann man nicht fehlende Manieren als Verteidigungsstrategie bemühen. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelles Fehlverhalten – das sind kriminelle Handlungen, schwere Verbrechen. Da schlechtes Benehmen überhaupt nur zu erwähnen, klingt wie Hohn.
In Harvey Weinsteins Welt und in der so manch anderer Männer, denen die eigene Macht zu Kopf gestiegen ist, war es bis dato wohl tatsächlich nicht mehr als schlechtes Benehmen ( wenn überhaupt), sich sexuell das zu nehmen, was ihnen in ihrer Selbstherrlichkeit ganz selbstverständlich zuzustehen schien. Und im Notfall kaufte man sich eben mit Unsummen an Dollar von jedem Vorwurf frei.
Doch jetzt sind endlich Recht und Gerechtigkeit am Zug, Weinstein mag sich seiner Unschuld sicher sein, aber nun entscheidet ein Gericht darüber, nicht er selbst. Und das ist ein Triumph für all die Frauen, die dafür kämpfen, dass massives Unrecht nicht länger als schlechtes Benehmen abgetan wird.