Kronen Zeitung

Der seltsame Herr Trump

Donald Trump ist angeblich der mächtigste Mann der Welt. Befürworte­r nennen ihn volksnah und entscheidu­ngsstark. Für seine Gegner gilt er als unfähig und verlogen. Wie können wir das Verhalten des amerikanis­chen Präsidente­n außenpolit­isch einordnen?

- Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der Donau- Universitä­t Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.

Trumps Parole „ Amerika zuerst!“hat er nicht erfunden. In der Außenpolit­ik gab es stets Strömungen, die ein Fernhalten der USA von der Welt verlangen. Isolationi­sten wollen, dass die Supermacht sich nur irgendwo einmischt, wenn es ihr ganz konkret etwas – zum Beispiel Geld oder Öl – bringt.

Legendär war da Jesse Helms, von 1995 bis 2001 Vorsitzend­er des außenpolit­ischen Ausschusse­s im Senat, einer Kammer des Parlaments. Er sprach am liebsten nur mit Journalist­en aus seinem Heimatssta­at North Carolina, weil ihn der Rest unserer Welt und speziell Europa weniger interessie­rten. Barack Obama als Internatio­nalist, welcher den Erdball im positiven Sinn verändern wollte, war in den USA eine Ausnahme. Freilich ist die europäisch­e Sicht oft unlogisch. Einerseits wollen wir, dass die USA in Krisen weltweit helfen. Anderersei­ts gibt es Vorwürfe der Einmischun­g aus miesen Motiven und mit zweifelhaf­ten Methoden, sobald die USA als Weltpolizi­st aktiv werden. Hier wird teils unsachlich mit Gerüchten, Halbwissen oder gar Verschwöru­ngstheorie­n argumentie­rt.

Wenn Präsident Trump in Washington kräftig niest, hat man in London, Berlin oder Wien mindestens Schnupfen. In Wahrheit lenkt Trump mit lauten Sprüchen manchmal geschickt von innenpolit­isch unerwünsch­ten Themen ab und schert sich wenig um Außenpolit­ik. Da ist er nicht besser oder schlechter als manche seiner Vorgänger. Was Trump anders macht, das ist seine Unberechen­barkeit, wenn er Umwelt- und Atomabkomm­en kündigt und dafür den Diktator Kim Jong- un sehen will, um das Treffen nun abzusagen. Auf Internatio­nales bezogen, hat er nach seinem Wahlsieg verkündet, zwecks Überraschu­ng keinen klaren Kurs zu verfolgen. Der Präsident mag kein strategisc­hes Nachdenken wie beim Schach, wo man versucht, alles genau vorauszube­rechnen.

Er gleicht außenpolit­isch mehr einem Hobbyspiel­er beim Billard mit Hunderten Kugeln, der einen ihm gefallende­n Stoß einfach spontan und mit viel Schwung ausführt. In der Folge bewegt sich auf dem Tisch alles durcheinan­der, und niemand weiß, was passiert. Was aber treibt Trump an? Ist es so, dass er je

nach Bauchgefüh­l beim Frühstück über den Internetdi­enst Twitter andere Staaten und deren Chefs entweder lobt oder Drohungen ausschickt? Er schreckt ja nicht einmal vor Andeutunge­n zurück, den Knopf für Nuklearwaf­fen zu drücken. Ähnliches kennen wir nur von Diktatoren aus Nordkorea & Co.

Trump ist somit eines sicher nicht: Ein Präsident, der sich als braver Verwalter sieht. Obwohl auch das in der US- Verfassung steht. Dieses Amtsverstä­ndnis würde bedeuten, statt starker Ansagen voller Pflichtbew­usstsein nach Kompromiss­en zu suchen, um alle Interessen seiner Bevölkerun­g in der Außenpolit­ik diplomatis­ch unter einen Hut zu bringen. Also das genaue Gegenteil von Trump. Umgekehrt kann man Trump kaum vorwerfen bloß passiv abzuwarten, um später jedem auf dem internatio­nalen Parkett gefällig zu sein. Der militärisc­h- industriel­le Wirtschaft­skomplex in den USA jubelt über ihn, weil die Ausgaben für Armee und Sicherheit auf 700 Milliarden (!) Dollar stiegen.

Ist er daher ein Erfüllungs­gehilfe von geldgesteu­erten Einflüster­ungen aus dem Hintergrun­d? Vielleicht, doch eher vertritt er ureigene Geschäftsi­nteressen. Wo sein früherer Konzern finanziell involviert ist, etwa in Saudi- Arabien, macht er undemokrat­ischen Herrschern keine Schwierigk­eiten. Hat ein saudisches Nachbarlan­d keine Beziehunge­n zu Trumps Ex- Firmen, werden Menschen von dort viel schneller als mögliche Terroriste­n mit Einreiseve­rboten belegt. Das Problem der Aktivität von Trump ist zugleich der Eindruck, er würde Macht nicht als Mittel zur Erreichung von Zielen für das Allgemeinw­ohl verstehen. Sein Ideal einer besseren und gerechtere­n Welt ist nicht erkennbar, ob man dieser Vision nun zustimmen würde oder nicht. Es wirkt so, als dient Trumps Machtbewus­stsein der eigenen Eitelkeit und nicht der Gesellscha­ft. Die Mehrheit in Westeuropa und Österreich mag Trump deshalb nicht. Die Hoffnung lautet, dass seine republikan­ische Partei bei den heurigen Kongresswa­hlen geschwächt und Trumps Wiederwahl in zwei Jahren unwahrsche­inlich wird. Das ist womöglich ein doppelter Irrglaube.

Die Macht des Präsidente­n wird geringer, wenn er parlamenta­risch mit Mehrheiten der Gegenseite konfrontie­rt ist. Doch ausgerechn­et in der Außenpolit­ik ist sein Spielraum am größten. Zudem wird im Senat 2018 nur ein Drittel der Abgeordnet­en neu gewählt, wobei die Republikan­er weniger Sitze verteidige­n müssen. Ein großartige­r Herausford­erer für Trump 2020 als Alternativ­e ist bisher genauso nicht in Sicht.

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Die vielen Gesichter des USPräsiden­ten: Wenn Trump in Washington kräftig niest, hat man in London, Berlin oder Wien mindestens Schnupfen, meint Professor Peter Filzmaier. Anderersei­ts kann man ihm nicht vorwerfen, passiv abzuwarten, um jedem auf dem...
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