Der seltsame Herr Trump
Donald Trump ist angeblich der mächtigste Mann der Welt. Befürworter nennen ihn volksnah und entscheidungsstark. Für seine Gegner gilt er als unfähig und verlogen. Wie können wir das Verhalten des amerikanischen Präsidenten außenpolitisch einordnen?
Trumps Parole „ Amerika zuerst!“hat er nicht erfunden. In der Außenpolitik gab es stets Strömungen, die ein Fernhalten der USA von der Welt verlangen. Isolationisten wollen, dass die Supermacht sich nur irgendwo einmischt, wenn es ihr ganz konkret etwas – zum Beispiel Geld oder Öl – bringt.
Legendär war da Jesse Helms, von 1995 bis 2001 Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Senat, einer Kammer des Parlaments. Er sprach am liebsten nur mit Journalisten aus seinem Heimatsstaat North Carolina, weil ihn der Rest unserer Welt und speziell Europa weniger interessierten. Barack Obama als Internationalist, welcher den Erdball im positiven Sinn verändern wollte, war in den USA eine Ausnahme. Freilich ist die europäische Sicht oft unlogisch. Einerseits wollen wir, dass die USA in Krisen weltweit helfen. Andererseits gibt es Vorwürfe der Einmischung aus miesen Motiven und mit zweifelhaften Methoden, sobald die USA als Weltpolizist aktiv werden. Hier wird teils unsachlich mit Gerüchten, Halbwissen oder gar Verschwörungstheorien argumentiert.
Wenn Präsident Trump in Washington kräftig niest, hat man in London, Berlin oder Wien mindestens Schnupfen. In Wahrheit lenkt Trump mit lauten Sprüchen manchmal geschickt von innenpolitisch unerwünschten Themen ab und schert sich wenig um Außenpolitik. Da ist er nicht besser oder schlechter als manche seiner Vorgänger. Was Trump anders macht, das ist seine Unberechenbarkeit, wenn er Umwelt- und Atomabkommen kündigt und dafür den Diktator Kim Jong- un sehen will, um das Treffen nun abzusagen. Auf Internationales bezogen, hat er nach seinem Wahlsieg verkündet, zwecks Überraschung keinen klaren Kurs zu verfolgen. Der Präsident mag kein strategisches Nachdenken wie beim Schach, wo man versucht, alles genau vorauszuberechnen.
Er gleicht außenpolitisch mehr einem Hobbyspieler beim Billard mit Hunderten Kugeln, der einen ihm gefallenden Stoß einfach spontan und mit viel Schwung ausführt. In der Folge bewegt sich auf dem Tisch alles durcheinander, und niemand weiß, was passiert. Was aber treibt Trump an? Ist es so, dass er je
nach Bauchgefühl beim Frühstück über den Internetdienst Twitter andere Staaten und deren Chefs entweder lobt oder Drohungen ausschickt? Er schreckt ja nicht einmal vor Andeutungen zurück, den Knopf für Nuklearwaffen zu drücken. Ähnliches kennen wir nur von Diktatoren aus Nordkorea & Co.
Trump ist somit eines sicher nicht: Ein Präsident, der sich als braver Verwalter sieht. Obwohl auch das in der US- Verfassung steht. Dieses Amtsverständnis würde bedeuten, statt starker Ansagen voller Pflichtbewusstsein nach Kompromissen zu suchen, um alle Interessen seiner Bevölkerung in der Außenpolitik diplomatisch unter einen Hut zu bringen. Also das genaue Gegenteil von Trump. Umgekehrt kann man Trump kaum vorwerfen bloß passiv abzuwarten, um später jedem auf dem internationalen Parkett gefällig zu sein. Der militärisch- industrielle Wirtschaftskomplex in den USA jubelt über ihn, weil die Ausgaben für Armee und Sicherheit auf 700 Milliarden (!) Dollar stiegen.
Ist er daher ein Erfüllungsgehilfe von geldgesteuerten Einflüsterungen aus dem Hintergrund? Vielleicht, doch eher vertritt er ureigene Geschäftsinteressen. Wo sein früherer Konzern finanziell involviert ist, etwa in Saudi- Arabien, macht er undemokratischen Herrschern keine Schwierigkeiten. Hat ein saudisches Nachbarland keine Beziehungen zu Trumps Ex- Firmen, werden Menschen von dort viel schneller als mögliche Terroristen mit Einreiseverboten belegt. Das Problem der Aktivität von Trump ist zugleich der Eindruck, er würde Macht nicht als Mittel zur Erreichung von Zielen für das Allgemeinwohl verstehen. Sein Ideal einer besseren und gerechteren Welt ist nicht erkennbar, ob man dieser Vision nun zustimmen würde oder nicht. Es wirkt so, als dient Trumps Machtbewusstsein der eigenen Eitelkeit und nicht der Gesellschaft. Die Mehrheit in Westeuropa und Österreich mag Trump deshalb nicht. Die Hoffnung lautet, dass seine republikanische Partei bei den heurigen Kongresswahlen geschwächt und Trumps Wiederwahl in zwei Jahren unwahrscheinlich wird. Das ist womöglich ein doppelter Irrglaube.
Die Macht des Präsidenten wird geringer, wenn er parlamentarisch mit Mehrheiten der Gegenseite konfrontiert ist. Doch ausgerechnet in der Außenpolitik ist sein Spielraum am größten. Zudem wird im Senat 2018 nur ein Drittel der Abgeordneten neu gewählt, wobei die Republikaner weniger Sitze verteidigen müssen. Ein großartiger Herausforderer für Trump 2020 als Alternative ist bisher genauso nicht in Sicht.