Die ungehörten Warnungen einer Mutter „ Er fühlte sich ständig verfolgt, auch von mir“
Er hört Stimmen, hat Mordfantasien. Jahrelang kämpfte eine Niederösterreicherin für eine Behandlung ihres psychisch kranken Sohnes. Vergeblich. Jetzt griff er zum Messer.
Mein Bub war 13“, erzählt die Altenpflegerin, „ als er sich zu verändern begann. Seine Fröhlichkeit verschwand, er schrieb plötzlich in der Schule schlechte Noten und kapselte sich immer mehr von der Umwelt ab.“Drei Lehrausbildungen brach er in der Folge ab, „ er schaffte es einfach nicht, sich in ein System einzugliedern.“
Zunächst dachte die Frau an Pubertäts- Schwierigkeiten – „ bis er mir erklärte: , Ich darf keinem trauen. Stimmen haben mir das gesagt. Ich muss ihnen folgen, sonst wird mir Schreckliches zustoßen.‘“Damit begann für die Alleinerzieherin eine Odyssee . . .
Der seelische Zustand ihres Sohnes verschlechterte sich weiter: „ Manchmal verbarrikadierte er sich tagelang in seinem Zimmer, weil er davon überzeugt war, dass draußen Aliens auf ihn lauern würden. Oder er schrie vor Angst – wenn er glaubte, böse Wesen seien durch die Mauer auf dem Weg zu ihm, um ihn aufzufressen.“
Besuche bei Ärzten und Psychologen. Letztlich die Diagnose: paranoide Schizophrenie.
Aufnahmen in Spitäler, aber nie für lange: „ Wenn er dort Medikamente bekam, ging es ihm besser.“Bis er die Pillen absetzte. Und der nächste Schub kam.
„ Irgendwann behauptete er, ich wäre von Außerirdischen ausgewechselt worden und plane seine Ermordung. Er verbat mir, mich ihm zu nähern – denn sonst wäre er gezwungen, mich zu vernichten.“
Laufend größer wurde die Furcht der Mutter, ihr Sohn könne im Wahn ihr oder anderen Personen etwas antun: „ Ich sprach bei der Polizei, beim Gericht, in Krankenhäusern vor und flehte darum, meinen Buben in eine Psycho- Klinik einzuweisen. Doch niemand sah dazu eine Veranlassung.“Also blieb der junge Mann im Freiheit.
Ende April bedrohte er in einer Wiener Straßenbahn eine Frau mit einem Messer. Fahrgästen gelang es, ihn von seinem Opfer wegzuziehen und zu entwaffnen. Der 28- Jährige sitzt jetzt in U- Haft. Gerichtspsychiater Peter Hofmann hat zu klären, ob der 28- Jährige zurechnungsfähig ist. Wenn nicht, muss er in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht werden. „ Ich hoffe das sehr“, sagt seine Mutter, „ denn dann würde er endlich eine adäquate Behandlung bekommen.“
Ich gehe davon aus, dass mein Klient nicht schuldfähig ist und in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher untergebracht wird.
Anwältin Astrid Wagner