Kronen Zeitung

Die ungehörten Warnungen einer Mutter „ Er fühlte sich ständig verfolgt, auch von mir“

Er hört Stimmen, hat Mordfantas­ien. Jahrelang kämpfte eine Niederöste­rreicherin für eine Behandlung ihres psychisch kranken Sohnes. Vergeblich. Jetzt griff er zum Messer.

- Martina Prewein

Mein Bub war 13“, erzählt die Altenpfleg­erin, „ als er sich zu verändern begann. Seine Fröhlichke­it verschwand, er schrieb plötzlich in der Schule schlechte Noten und kapselte sich immer mehr von der Umwelt ab.“Drei Lehrausbil­dungen brach er in der Folge ab, „ er schaffte es einfach nicht, sich in ein System einzuglied­ern.“

Zunächst dachte die Frau an Pubertäts- Schwierigk­eiten – „ bis er mir erklärte: , Ich darf keinem trauen. Stimmen haben mir das gesagt. Ich muss ihnen folgen, sonst wird mir Schrecklic­hes zustoßen.‘“Damit begann für die Alleinerzi­eherin eine Odyssee . . .

Der seelische Zustand ihres Sohnes verschlech­terte sich weiter: „ Manchmal verbarrika­dierte er sich tagelang in seinem Zimmer, weil er davon überzeugt war, dass draußen Aliens auf ihn lauern würden. Oder er schrie vor Angst – wenn er glaubte, böse Wesen seien durch die Mauer auf dem Weg zu ihm, um ihn aufzufress­en.“

Besuche bei Ärzten und Psychologe­n. Letztlich die Diagnose: paranoide Schizophre­nie.

Aufnahmen in Spitäler, aber nie für lange: „ Wenn er dort Medikament­e bekam, ging es ihm besser.“Bis er die Pillen absetzte. Und der nächste Schub kam.

„ Irgendwann behauptete er, ich wäre von Außerirdis­chen ausgewechs­elt worden und plane seine Ermordung. Er verbat mir, mich ihm zu nähern – denn sonst wäre er gezwungen, mich zu vernichten.“

Laufend größer wurde die Furcht der Mutter, ihr Sohn könne im Wahn ihr oder anderen Personen etwas antun: „ Ich sprach bei der Polizei, beim Gericht, in Krankenhäu­sern vor und flehte darum, meinen Buben in eine Psycho- Klinik einzuweise­n. Doch niemand sah dazu eine Veranlassu­ng.“Also blieb der junge Mann im Freiheit.

Ende April bedrohte er in einer Wiener Straßenbah­n eine Frau mit einem Messer. Fahrgästen gelang es, ihn von seinem Opfer wegzuziehe­n und zu entwaffnen. Der 28- Jährige sitzt jetzt in U- Haft. Gerichtsps­ychiater Peter Hofmann hat zu klären, ob der 28- Jährige zurechnung­sfähig ist. Wenn nicht, muss er in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her untergebra­cht werden. „ Ich hoffe das sehr“, sagt seine Mutter, „ denn dann würde er endlich eine adäquate Behandlung bekommen.“

Ich gehe davon aus, dass mein Klient nicht schuldfähi­g ist und in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her untergebra­cht wird.

Anwältin Astrid Wagner

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Bild oben links: der psychisch schwer kranke junge Mann. Großes Foto: seine Mutter. „ Ich hoffe“, sagt sie, „ dass mein Bub jetzt endlich behandelt wird.“
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Bereits im Frühjahr 2017 berichtete die „ Krone“über das Drama des jungen Mannes – und die Angst seiner Mutter, er könne ihr etwas Böses antun.
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