Oper im Kopf eines Verstörten
Staatsoper: Buhorkan für Webers „ Der Freischütz“– Schager, Nylund, Netopil
„ Mich fasst Verzweiflung“singt der Jägerbursch Max im ersten Akt von Webers „ Freischütz“: In dieser Staatsopern- Produktion Christian Räths weiß man allerdings nicht, ob diese Verzweiflung Max’ Unfähigkeit als Komponist entspringt oder seiner Verstörung wegen der bizarr überdrehten Inszenierungsklamotte.
Kein Wunder, dass das Publikum zum Teil empört buhte. Ein Prominenter nannnte die Aufführung sogar eine „ Gemeinheit“!
Denn letztlich desavouiert Regisseur Räths und Ausstatter Gary McCanns Arbeit Webers „ Freischütz“, macht aus dem schlichten, fast naiven Werk ein freudianisch aufgeputztes, im Bild allzu schickes Theater im Kopf. Warum müssen da einen Abend lang Notenblätter durch die Luft wirbeln? Fazit: In dieser düsteren Welt könnte man ein gutes Dutzend anderer Opern besser spielen.
Räth & McCann haben sich viel gedacht. Ausgedacht. Zu viel intellektuelle, alles verwirrende Tüftelei und Kopfarbeit! Ihre Neufassung der Texte ist genau- so fragwürdig wie die Originale des Dilettantenpoeten Johann Friedrich Kind. Dazu lang und langweilig.
Dass die naiv treuherzige Geschichte vom Jägerburschen Max zur Geschichte eines Komponisten mit freudianischer Ladehemmung – und offenbar jeder Menge erotischer Probleme – wird, macht sie lächerlich. Und: Wozu braucht der Opernkomponist Max Freikugeln, fragt man sich?
Die Glücksmomente dieser Aufführung beschert Andreas Schager als Max, der sich redlich bemüht, die- se Outragen einer verirrten, verstörten Figur zu erspielen. Er lässt seinen Heldentenor kraftvoll strahlen, setzt vor allem auf hochdramatische Momente. Mitrei- ßend sein „ Durch die Wälder, durch die Auen“und sein Arioso „ Furchtbar gähnt der düstere Abgrund“.
„ Agathe“Camilla Nylund zeigt in ihrem „ Leise, leise“die feinen, lyrischen Qualitäten ihres warmen Soprans. Daniela Fally setzt als quietschlebendiges Ännchen auf den Soubrettenton, Alan Held ist ein allzu kraftloser Caspar ohne Dämonie, Clemens Unterreiner ein verlässlicher Erbförster Kuno, Albert Dohmen ein blasser Eremit. Hervorragend studiert der Staatsopernchor, der auch spielfreudig ist.
Tomaš Netopil steigert sich und das Staatsopernorchester – von einer sehr breiten, in ihren Höhepunkten wenig strahlenden Ouvertüre zu einer knalligen Wolfsschlucht und einem heroisch festlichen Schluss.