Wilder Streit um die Gleitzeit
Kein Anspruch auf Überstundenzuschlag AK fürchtet Verluste für Mitarbeiter
Heute länger bleiben, morgen früher gehen und den freien Nachmittag genießen: Wer Gleitzeit arbeitet, kann mit dem Zwölf- Stunden- Tag stärker mit der Anwesenheit jonglieren. Theoretisch reichen dreieinhalb Tage, um das Wochenpensum zu erfüllen. Aber: Für die täglichen Mehrstunden gibt es nicht immer Zuschläge.
Bisher wurden die neunte und zehnte Arbeitsstunde eins zu eins mit Freizeit abgegolten, ab der elften Stunde gab es die eineinhalbfache oder doppelte Zeit als Ausgleich. Alternativ können Arbeitgeber Zuschläge auszahlen. Mit der Erhöhung der täglichen Maximalarbeitszeit werden künftig die elfte und zwölfte Stunde nur mehr eins zu eins abgegolten.
Bis zu eine Million Menschen könnte dann um ihre Überstundenzuschläge – in Zeit oder Geld – umfallen, fürchtet AK- Chefin Renate Anderl.
Stimmt so nicht, kontern Industrie und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck als Vertreterin der Regierung: Die Rechnung der Arbeiterkammer treffe nur bei freiwilliger Mehrarbeit zu. Werden die Stunden angeordnet, gibt es
nach wie vor Zuschläge für neunte, zehnte, elfte und zwölfte Stunde. Eine solche Anordnung kann mündlich oder schriftlich sein. Sie trifft z. B. auch zu, wenn der Arbeitgeber eine Besprechung ansetzt, die die Arbeitszeit über acht Stunden hinaus verlängert, oder Aufträge annimmt, die nicht in der Normalarbeitszeit erledigt werden können.
Zurzeit sind 27% der Angestellten nach Gleitzeit beschäftigt und 5% der Arbeiter. Die meiste Gleitzeit gibt es in der IT, gefolgt von den Banken und der Elektro- Industrie. „ Je höher die Bildung, umso häufiger ist Gleitzeit“, sagt Arbeitsrechtsexperte Martin Rizak.
Laut einer Studie schätzen Arbeitnehmer dieses Modell, haben es sich aber nicht freiwillig ausgesucht. Unternehmen – etwa im Handel – stellen ihre Mitarbeiter in Gleitzeit an, um längere Öffnungszeiten abdecken zu können. Diese Arbeitnehmer könnten künftig benachteiligt sein, fürchtet die AK.
Die Zuschläge für die neunte und zehnte Stunde gelten weiterhin wie bisher und werden um die elfte und zwölfte Stunde ergänzt.
Margarete Schramböck, Wirtschaftsministerin