Kronen Zeitung

Endspiel für die deutsche Kanzlerin

Heute entscheide­t sich Merkels Schicksal

- KURT SEINITZ

Für Angela Merkel hat das Endspiel begonnen. Heute sucht die CDUChefin auf einem kleinen EU- Gipfel ihre „ europäisch­e Lösung“für den Asyl-

streit mit der „ Schwesterp­artei“CSU. Die sieht Merkel „ angezählt“und droht mit offenem Bruch, falls die Kanzlerin ohne Lösung nach Berlin zurückkomm­t.

Merkel will sich heute in Brüssel vor allem Zeit kaufen bis zum regulären EUGipfel kommende Woche. Dann droht die Stunde der Wahrheit.

Kanzler Kurz sieht sich als der kommende EU- Ratsvorsit­zende in der Vermittler­rolle aus der Position der Mitte: zwischen der migrations­kritischen Ost- EU ( plus neuerdings Italien) und der West- EU, die innerhalb der EU offene Grenzen haben will. „ Ich hoffe, dass es in Deutschlan­d bald gelingt, eine gemeinsame Linie zu finden“, so der Kanzler.

Kurz: Wenn Deutschlan­d zumacht, machen wir zu

Falls sich in Deutschlan­d Innenminis­ter und CSUChef Seehofer gegen Merkel durchsetzt und mit Zu-

rückweisun­gen an der Grenze beginnt, würde gleichzeit­ig Österreich an seinen Grenzen folgen, etwa am Brenner. Kurz im „ Krone“Gespräch: „ Es würde ein Dominoeffe­kt mit europaweit­en Folgen drohen, und wir würden alles tun, was erforderli­ch ist, um unsere Grenzen zu schützen.“

Italiens Salvini orakelt über Ende der EU

Denn Italien unter der neuen Regierung will schon gar keine zurückgesc­hickten Flüchtling­e/ Migranten aufnehmen. Vor dem heutigen Mini- Gipfel geht Innenminis­ter Salvini auf vollen Konfrontat­ionskurs. Er stellt im „ Spiegel“die Zukunft der EU infrage – und erteilt Plänen von Kanzlerin Merkel eine entschiede­ne Absage.

„ Innerhalb eines Jahres wird sich entscheide­n, ob es das vereinte Europa noch gibt oder nicht mehr“, orakelt der Lega- Chef. „ Ob das Ganze sinnlos geworden ist“, so Salvini, werde sich vor allem bei den bevorstehe­nden Haushaltsv­erhandlung­en und im Vorfeld der Wahlen zum Europaparl­ament 2019 zeigen.

Der Forderung von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, in anderen Ländern erstregist­rierte Asylsuchen­de aus Deutschlan­d abschieben zu können, erteilte der italienisc­he Vizepremie­r eine klare Absage: „ Wir können keinen Einzigen mehr aufnehmen. Im Gegenteil: Wir wollen ein paar abgeben.“

Die von Merkel und Macron abgesegnet­e Vorlage zum regulären EU- Gipfeltref­fen Ende Juni in Brüssel kanzelt Salvini schon jetzt ab: „ Entwürfe, die im Vorfeld von anderen Ländern geschriebe­n und dann per Mail versendet werden, entspreche­n nicht unserem Arbeitssti­l.“Im Übrigen solle Frankreich­s Regierung endlich aufhören, Italien „ Lektionen zu erteilen“.

Seehofer verbittet sich Merkels Zurechtwei­sung

Im Streit mit Merkel will sich Innenminis­ter Seehofer nicht zurechtwei­sen lassen. Er werde sich auch durch die Richtlinie­nkompetenz der Kanzlerin nicht davon abbringen lassen, mehr Flüchtling­e als bisher an der Grenze abzuweisen, sagte der CSU- Chef in der „ Süddeutsch­en Zeitung“.

Es sei höchst ungewöhnli­ch, gegenüber dem Vorsit- zenden des Koalitions­partners CSU, mit der Richtlinie­nkompetenz zu drohen. „ Das werden wir uns auch nicht gefallen lassen“, sagte er.

Die CSU- Spitze hat Merkel bis Ende dieses Monats Zeit gegeben, eine europäisch­e Lösung zu erreichen. Andernfall­s will Seehofer als Innenminis­ter gegen Merkels Willen im nationalen Alleingang eine Abweisung an den Grenzen anordnen – ein Schritt, der zum Bruch des Unionsbünd­nisses und damit der Koalition führen könnte.

Kurz: „ Alles tun, dass EU nicht auseinande­rfällt“

Der Bundeskanz­ler reist heute jedenfalls mit Sorge über den inneren Zustand der EU nach Brüssel: „ Wir müssen aufpassen, dass die EU nicht komplett auseinande­rfällt.“

Wenn Horst Seehofer in zehn Tagen noch im Amt ist, ist Merkel nur noch Vizekanzle­rin.

Nordrhein- Westfalens SPD- Chef Michael Groschek

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„ Rautendkmm­erunz“: Das Titelbild der neuen „ Spiezel“- Auszabe lksst kaum noch einen Zweifel aufkommen über das Urteil des Nachrichte­nmazazins.
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CDU- Chefin Merkel, CSU- Chef Seehofer: nicht mehr lange ein Regierungs­team?

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