Kronen Zeitung

Gedenken an 10.000 Tote

- christian. hauenstein@ kronenzeit­ung. at

Da steht nur ein Viehwaggon am Rande einer großen Wiese und weiter hinten diese monumental­e Plastik, die das Leid der Menschen versinnbil­dlicht – das „ Tor der Erinnerung“. Direkt daneben führt eine viel befahrene Straße vorbei. Auf der anderen Straßensei­te stehen riesige Wohnhäuser, moderne Plattenbau­ten, wie sie hier typisch sind, am Stadtrand von Minsk, der Hauptstadt von Weißrussla­nd. Man fühlt sich ein wenig an die Per- Albin- Hansson- Siedlung in Wien erinnert. Wäre es nach den Minsker Stadtplane­rn gegangen, würde wohl auch die andere Seite der Straße mit ähnlichen Wohntürmen verbaut sein.

Dass dem nicht so ist, ist zu einem großen Teil dem russisch- orthodoxen Pater Fjodr zu verdanken. Dem wohl umtriebigs­ten Priester in Weißrussla­nd mit besten Kontakten zum „ ewigen“Staatschef Lukaschenk­o. Aufgrund dieser guten Beziehunge­n konnte er ein Bauverbot erwirken. Und so sind auf dem großen Areal teilweise noch die Grundrisse von Baracken zu erkennen. Baracken des Todes, die zu einem KZ der Nazis gehört haben, in dem rund 10.000 Juden aus Österreich ermordet worden sind. Baracken des Vernichtun­gslagers Maly Trostinec.

Ein Ort, der hierzuland­e kaum bekannt ist, obwohl in keinem anderen Nazi- KZ so viele Menschen aus Österreich ermordet worden sind wie in Maly Trostinec. Sie kamen mit eben jenen Viehwaggon­s, in die sie auf dem Wiener Aspang- Bahnhof gepfercht worden waren. In einem nahe gelegenen Wald wurden die Menschen dann erschossen oder auf dem Weg dorthin in Gaswägen erstickt und in Massengräb­ern verscharrt. Insgesamt wurden in Maly Trostinec mehr als 200.000 Menschen ermordet. Auch viele Juden aus Deutschlan­d und Polen, viele Weißrussen, Partisanen, Widerstand­skämpfer und sowjetisch­e Kriegsgefa­ngene.

Auf dem Gelände des früheren Aspang- Bahnhofes in Wien erinnert seit Juni 2017 ein Mahnmal an die Massendepo­rtationen, heute wird von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen auch in Maly Trostinec der Grundstein für einen Gedenkort gelegt, der speziell den Opfern aus Österreich gewidmet sein wird.

Zur Gedenkfeie­r an alle Opfer des Vernichtun­gslagers sind auch der deutsche Bundespräs­ident Steinmeier sowie die Staatschef­s aus Polen und Israel, Duda und Rivlin, angereist. Und AltBundesp­räsident Heinz Fischer mit seiner Ehefrau Margit – denn auch sie hat in Maly Trostinec Familienmi­tglieder verloren . . .

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Auf dem Gelände des ehemaligen Aspang- Bahnhofes in Wien, im heutigen Leon- ZelmanPark, erinnern konisch zusammenla­ufende Betonschie­nen an die Deportatio­nszüge. Auf dem Gelände des Lagers in Maly Trostinec steht ein großes Mahnmal – das „ Tor der...
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