Gedenken an 10.000 Tote
Da steht nur ein Viehwaggon am Rande einer großen Wiese und weiter hinten diese monumentale Plastik, die das Leid der Menschen versinnbildlicht – das „ Tor der Erinnerung“. Direkt daneben führt eine viel befahrene Straße vorbei. Auf der anderen Straßenseite stehen riesige Wohnhäuser, moderne Plattenbauten, wie sie hier typisch sind, am Stadtrand von Minsk, der Hauptstadt von Weißrussland. Man fühlt sich ein wenig an die Per- Albin- Hansson- Siedlung in Wien erinnert. Wäre es nach den Minsker Stadtplanern gegangen, würde wohl auch die andere Seite der Straße mit ähnlichen Wohntürmen verbaut sein.
Dass dem nicht so ist, ist zu einem großen Teil dem russisch- orthodoxen Pater Fjodr zu verdanken. Dem wohl umtriebigsten Priester in Weißrussland mit besten Kontakten zum „ ewigen“Staatschef Lukaschenko. Aufgrund dieser guten Beziehungen konnte er ein Bauverbot erwirken. Und so sind auf dem großen Areal teilweise noch die Grundrisse von Baracken zu erkennen. Baracken des Todes, die zu einem KZ der Nazis gehört haben, in dem rund 10.000 Juden aus Österreich ermordet worden sind. Baracken des Vernichtungslagers Maly Trostinec.
Ein Ort, der hierzulande kaum bekannt ist, obwohl in keinem anderen Nazi- KZ so viele Menschen aus Österreich ermordet worden sind wie in Maly Trostinec. Sie kamen mit eben jenen Viehwaggons, in die sie auf dem Wiener Aspang- Bahnhof gepfercht worden waren. In einem nahe gelegenen Wald wurden die Menschen dann erschossen oder auf dem Weg dorthin in Gaswägen erstickt und in Massengräbern verscharrt. Insgesamt wurden in Maly Trostinec mehr als 200.000 Menschen ermordet. Auch viele Juden aus Deutschland und Polen, viele Weißrussen, Partisanen, Widerstandskämpfer und sowjetische Kriegsgefangene.
Auf dem Gelände des früheren Aspang- Bahnhofes in Wien erinnert seit Juni 2017 ein Mahnmal an die Massendeportationen, heute wird von Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch in Maly Trostinec der Grundstein für einen Gedenkort gelegt, der speziell den Opfern aus Österreich gewidmet sein wird.
Zur Gedenkfeier an alle Opfer des Vernichtungslagers sind auch der deutsche Bundespräsident Steinmeier sowie die Staatschefs aus Polen und Israel, Duda und Rivlin, angereist. Und AltBundespräsident Heinz Fischer mit seiner Ehefrau Margit – denn auch sie hat in Maly Trostinec Familienmitglieder verloren . . .