Teller- Show
Gestern klassenkämpferische Debatten im Parlament, heute Demonstrationen auf den Straßen Wiens, am Montag Betriebsversammlungen, die sich zu landesweiten Streiks auswachsen könnten: Mit dem „ 12- Stunden- Tag“ist der türkis- blauen Regierung erstmals ein Thema gehörig aus dem Ruder gelaufen.
Dass das so gekommen ist, hat einige Gründe.
Ganz generell kommt die Sache mit der Höchstarbeitszeit bei manchen durchaus nötigen Veränderungen nicht wirklich sympathisch an. Irgendwie spürt man da das kalte Händchen der Industriellenvereinigung im Nacken. Deren Präsident hat auch prompt im Chor mit Wirtschaftskammer und Sozialministerin einen schrägen Jubel- Kanon auf den „ 12Stunden- Tag“angestimmt.
Eine andere Ursache liegt in der Natur des letztlich zur Harmonie neigenden Österreichers. Wenn zu viele Dinge zu schnell auf einmal passieren, bekommen es nicht wenige mit der Angst zu tun. So begrüßenswert der jugendliche Elan des Kanzlers sein mag, so angebracht ist es, dass die anderen bei dem von ihm vorgelegten Tempo mithalten können. Andernfalls fühlen sich die Menschen zurückgelassen.
Die erfolgsverwöhnte Regierungsspitze muss nun aufpassen, dass es ihr nicht ergeht wie dem Artisten im Zirkus, der Teller auf schwingenden Stangen balanciert. Das kann eine faszinierende Wirkung auf die Zuseher haben. Bis zu dem Moment, an dem der eine Teller zu viel dem Jongleur zugeworfen wird. Dann fällt alles zu Boden und zerbricht in Scherben.