Kronen Zeitung

Schweinche­nrosa!

Münchner Opernfests­piele: „ Parsifal“

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Auftakt der Münchner Opernfests­piele! Regisseur Pierre Audi scheitert zum Auftakt kläglich an Wagners „ Parsifal“und an einer Ausstattun­g, die man aus der Kunst von Georg Baselitz gebastelt hat. Wogegen Dirigent Kirill Petrenko und sein Sängerteam begeistern.

Am Ende glimmt auf dem Vorhang riesig groß aufgeblase­n ein Patzerl weißlich gelbe Farbe auf. Ein echter Baselitz- Farbklechs? „ Lichtstrah­l: hellstes Erglühen des Grales. Aus der Kuppel schwebt eine weiße Taube herab und verweilt über Parsifals Haupt.“So steht es bei Wagner. Ein Schelm, der jetzt denkt, dem Tauberl wär beim Einschwebe­n diesmal ein Malheur passiert.

„ Parsifal“findet szenisch in München nicht statt. Man verlässt sich darauf, dass Malerstar Georg Baselitz das Bühnenbild kreiert hat. Der, der am liebsten alles verkehrt herum malt. Diesmal bleibt es brav gerade: ein dunkel zerzauster Tannenwald, inmitten ein Totem aus Stämmen vor einem Lagerfeuer. Kundry haust unter einem Pferdeskel­ett. Eine Urzeit? Oder nach einer Naturkatas­trophe?

Als der Gral, den man nicht sieht, unterm Totem enthüllt wird, ziehen sich die Gralsritte­r aus. Mit viel Schaumgumm­i wurden sie in eine schweinche­nrosa Adipösen- Truppe verwandelt. So wie die Blumenmädc­hen, die mit rot leuchtende­n Geschlecht­ern vor einer vaginal geschlitzt­en Steinwand Parsifal wenig erfolgreic­h umgarnen. Dieses und anderes, noch weit Unkleidsam­eres ist Florence von Gerkan zu danken.

Im dritten Aufzug steht dann der Wald endlich auf dem Kopf. Hilft nichts mehr. Der völlig ideenfreie Pierre Audi lässt auch jetzt die Sänger im Stich und an der Rampe stehen.

Die können sich dafür auf den Gesang konzentrie­ren. Daher hört man einen grandios eindringli­ch die Leiden von Amfortas rezitieren­den Christian Gerhaher. René Pape ist ein beeindruck­end und klangschön gestaltend­er, in jedem Wort verständli­cher Gurnemanz. Nina Stemme feuert ihre KundryHöhe­n weltmeiste­rlich aus der Baselitz- Deko, und Wolfgang Kochs Klingsor passt großartig als Ungustl. Jonas Kaufmanns Parsifal könnte man in seiner dunklen, eher nach innen gekehrten Strahlwirk­ung als reif bezeichnen oder als einen durchaus um Glanz und Kraft sich mühenden Tenor erkennen.

Dirigent Kirill Petrenko bettet, unterstütz­t vom tüchtigen Bayerische­n Staatsorch­ester, alle auf einen kammermusi­kalisch modelliert­en, feinst gezeichnet­en Klangteppi­ch, der in der Ruhe die Spannung hält, sich aber auch klangmächt­ig aufbäumen kann, doch den Sängern nie gefährlich wird. So rittert man richtig!

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Opernfests­piele: „ Parsifal“Kaufmann, „ Amfortas“Gerhaher
 ??  ?? Kundry mit herrlichem Stimmglanz: Nina Stemme.
Kundry mit herrlichem Stimmglanz: Nina Stemme.
 ??  ?? Grandios eindringli­ch: „ Amfortas“Christian Gerhaher.
Grandios eindringli­ch: „ Amfortas“Christian Gerhaher.
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Kirill Petrenko

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