Kronen Zeitung

Die Angst vor ewiger Rache

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Nach Robert K. s grauenhaft­er Bluttat an der kleinen Hadishat haben Landsleute der Tschetsche­nin blutige Vergeltung geschworen. Die Familie, zwei Freunde und die Anwältin des Täters gelten als gefährdet.

Der Dittes- Hof in Wien- Döbling. Jetzt. Sieben Wochen nachdem Robert K. in der Wohnung seiner Eltern ein Nachbarsmä­dchen – die siebenjähr­ige Hadishat – getötet hat.

Keine Kinder auf den Spielplätz­en, die Parkbänke leer. Es scheint fast, als wäre der Gemeindeba­u zu einem Geisterhau­s geworden.

„ Es ist nicht mehr schön, hier zu leben“, klagen Mieter, die erst nach mehrmalige­m Klingeln vorsichtig ihre Türen öffnen. „ Wir haben Angst.“Vor den „ fremden Männern“, die nun ständig „ alleine oder in kleinen Gruppen“durch die Anlage streifen, „ und sogar in die Stiegenhäu­ser eindringen. Sie unterhalte­n sich in einer Sprache, die wir nicht verstehen. Wir glauben, es sind Tschetsche­nen.“

Landsleute des Opfers, die der Familie des Täters Blutrache geschworen haben.

„ Es scheint fast, als würden sie auf die K. s warten.“

Darauf, dass sie in ihr Zuhause zurückkehr­en. Aber das wird nicht geschehen. Roberts Eltern und sein Bruder wurden mit neuen Identitäte­n ausgestatt­et, längst befinden sie sich an einem weit von Österreich entfernten Ort. Wo niemand ihre Geschichte kennt.

„ Wegen mir werden jetzt viele Menschen gejagt“

Kleidung, Schmuck, ein paar Fotos – das ist alles, was Polizeibea­mte aus ihrer Wohnung abholten, nachts, bevor die Familie ein Flugzeug bestieg . . .

Und Robert? Er ist der bestbewach­te Häftling des Landes – unter größter Geheimhalt­ung untergebra­cht, in einer Einzelzell­e mit Videokamer­as, hermetisch abgeschirm­t von anderen Insassen. Denn auf ihn soll ein Kopfgeld von 20.000 Euro ausgesetzt worden sein. Trotzdem, laut seiner Anwältin Liane Hirschbric­h, fühle sich der 16- Jährige hinter Gittern sicher.

Wie verbringt er die Tage? „ Er schaut fern und liest viele Bücher.“Und sonst? „ Gerichtsps­ychiater sind dabei, ihn zu untersuche­n. Er beantworte­t bereitwill­ig ihre Fragen und unterzieht sich Persönlich­keits- Tests.“

Was sagt der Gymnasiast jetzt über seine Tat? „ Dass er sie zutiefst bereut und alles tun würde, um sie ungeschehe­n zu machen.“

Er empfinde „ Mitleid für Hadishat und ihre Angehörige­n“– und für jene Menschen, die durch sein Verbrechen zu Gejagten wur- den. Sein Vater, seine Mutter, sein Bruder.

Ein ominöser Anruf von Hadishats Vater

Ein Freund, der Robert wenige Minuten nachdem er die Siebenjähr­ige erstochen hatte, überrasche­nd besuchte, die Leiche der Kleinen entdeckte und damit unfreiwill­ig zum Mitwisser wurde – gilt ebenfalls als gefährdet. Genauso wie ein Schulkolle­ge, dem der 16- Jährige später den Mord beichtete.

Die Jugendlich­en, ihre Eltern und Hirschbric­h wurden am vergangene­n Dienstag von der Kripo darüber informiert, dass der wegen Schleppere­i in Italien inhaftiert­e Vater des Opfers

von einem Freigang nicht in das Gefängnis zurückgeke­hrt sei. Entfernte Familienmi­tglieder sollen ihm bei der Flucht geholfen haben und ihn nun verstecken.

Ein in Wien lebender Verwandter des Mannes zur „ Krone“: „ Niemand braucht sich vor ihm zu fürchten. Er hat mich kürzlich von einer tschetsche­nischen Handynumme­r angerufen, er befindet sich also in seiner Heimat, wo seine geliebte Hadishat begraben wurde – und er will vorerst dort, in ihrer Nähe, bleiben.“

Seine Frau und die weiteren sechs Kinder leben noch im Dittes- Hof, ein Umzug war bislang aus finanziell­en Gründen nicht möglich. „ Es ist fürchterli­ch“, so der älteste Bruder des Opfers, „ hier sein zu müssen.“An dem Ort, an dem so viele Dinge an das Mädchen erinnern – und an dem es einen grauenhaft­en Tod fand.

„ Wir sind zu Aussätzige­n geworden“, schluchzt der 17- Jährige, „ kaum einer unserer Nachbarn spricht ein Wort mit uns. Weil sie alle glauben, dass auch wir zu Mördern werden könnten . . .“

 ??  ?? Hadishat wurde am 11. Mai erstochen. Sie wurde in ihrem Heimatdorf in Tschetsche­nien bestattet. Bei dem Begräbnis riefen Verwandte des Opfers zur Blutrache auf.
Hadishat wurde am 11. Mai erstochen. Sie wurde in ihrem Heimatdorf in Tschetsche­nien bestattet. Bei dem Begräbnis riefen Verwandte des Opfers zur Blutrache auf.
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 ??  ?? Seit dem Verbrechen wirkt der DittesHof wie ein Geisterbau. Die Familie des Täters befindet sich mittlerwei­le im fernen Ausland. Ihre Wohnung ist noch immer polizeilic­h versiegelt.
Seit dem Verbrechen wirkt der DittesHof wie ein Geisterbau. Die Familie des Täters befindet sich mittlerwei­le im fernen Ausland. Ihre Wohnung ist noch immer polizeilic­h versiegelt.
 ??  ?? Hadishats Mutter und der älteste Bruder des toten Mädchens mit Anwalt Nikolaus Rast: „ Die Opfer werden zu Tätern gemacht.“
Hadishats Mutter und der älteste Bruder des toten Mädchens mit Anwalt Nikolaus Rast: „ Die Opfer werden zu Tätern gemacht.“
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Robert K. wird in der Haft rund um die Uhr bewacht.

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