Kronen Zeitung

Wieder einmal lauter Sieger

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Und wieder einmal gab es einen EU- Gipfel, und wieder einmal wurde hinterher viel heiße Luft bejubelt.

Worum ging es? Wie in letzter Zeit fast immer um Flüchtling­e. Es ging dabei aber ganz besonders darum, irgendwie die Bedingunge­n zu erfüllen, die der deutsche Innenminis­ter Horst Seehofer an Bundeskanz­lerin Angela Merkel gestellt hatte. Er hatte ja vollmundig angekündig­t, Asylwerber unter bestimmten Voraussetz­ungen an der deutschen Grenze abzuweisen und zurückzusc­hicken, wenn beim Gipfeltref­fen keine vernünftig­e Lösung in der Asylfrage erzielt werden sollte. Es ging also vermutlich um das politische Überleben von Merkel, de- ren Anhänger und Unterstütz­er beim Gipfel rar geworden sind. Es ging somit auch um die deutsche Regierung.

Und Merkel bemühte sich redlich, „ ihren Arsch zu retten“. Merkel selbst sieht jedenfalls die Forderunge­n der CSU beziehungs­weise Seehofers erfüllt, wenn nicht sogar übererfüll­t. Spanien und Griechenla­nd erklärten sich bereit, in ihren Ländern registrier­te Flüchtling­e zurückzune­hmen. Die neue italienisc­he Regierung ließ sich aber nicht weichklopf­en und beharrte auf ihren Standpunkt­en. Sie drohte im Gegenteil EU- Staaten mit Maßnahmen, wenn sich diese nicht an beschlosse­ne Vereinbaru­ngen zur Migration halten sollten. Kanzler Kurz warnte bei deutschen Zurückweis­ungen vor einem Domino- Effekt. Es würden ja von der deutschen Grenze rückwärts zum Mittelmeer und zum Schwarzen Meer alle Staaten ihre Grenzen dichtmache­n, um nicht auf den Flüchtling­en sitzen zu bleiben.

Kurzfristi­ge spürbare Maßnahmen brachte der Gipfel sicher nicht. In erster Linie gab es viel heiße Luft und viel Eigenlob bei den Beteiligte­n; sie sind ja die Allerbeste­n. Ob Merkel überlebt oder ob Seehofer zurücktrit­t oder ob Flüchtling­e von Deutschlan­d zurückgewi­esen werden, kann heute noch nicht gesagt werden. Aber nach dem Gipfel fühlen sich alle als Sieger. Höller Josef, per E- Mail

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