EUphorie
Ich hätte damals gerne gewählt, für eine neue Zukunft abgestimmt, aber ein paar lausige Wochen trennten mich vom gesetzlichen Wahlalter. Bei uns zu Hause herrschte vor der Volksabstimmung 1994 Europa- Euphorie. Vor allem mein Vater, ein stolzer Österreicher, brannte für die Idee Europa. Seine Kindheit war geprägt von der Angst und Zerstörung des Krieges, er erlebte das Elend der Nachkriegszeit. Und war Teil des Aufbaus und Aufstiegs. Er jubelte, als der Eiserne Vorhang zerbrach – und viel später, als auch die Schlagbäume in Europa fielen.
Er hat die Tiefen und die Höhen dieses Kontinents erlebt – und dadurch den Wert dieser Gemeinschaft immer hochgehalten. Diesen Gedanken „ In Vielfalt geeint“, in dem so viel mehr Kraft und Frieden steckt als in „ Jeder für sich alleine“.
Ich und einige Generationen in diesem Land gehören zu den Glücklichen, die dank dieser Gemeinschaft keinen Krieg kennen. Für die die EU zur Selbstverständlichkeit wurde. Und die es gewohnt sind, dass sich dieser manchmal so behäbige Dampfer EU schon irgendwie durch noch so heftigen Wellengang hindurchlaviert.
„ Ein Europa, das schützt“, ist das Motto der Bundesregierung für den EU- Ratsvorsitz. Aber auch Europa an sich muss geschützt werden. Die Migrationskrise, Populismus und Nationalismus sind wie Eisblöcke, die das Schiff doch zum Sinken bringen könnten. Europa braucht wieder EUphorie – auch das wäre eigentlich ein gutes Motto für die kommenden Monate, in denen wir das Herz dieser EU sind.