„ Spirale nach unten“
Hoffnungsträger, Brückenbauer, Grenzsoldat und Sozialabbauer. Es ist eine breites Spektrum, das Bundeskanzler Sebastian Kurz – abgesehen von Unmengen an Selfie- Anfragen – nach seiner Antrittsrede als Vorsitzender des Europäischen Rats in Straßburg entgegenschlug.
Kurz gab sich betont pro- europäisch. Tenor: Wer ihm widerspricht, kann nicht an Europas Zukunft denken, denn: „ Europa ist unsere Zukunft. Es gibt in der Union mehr, das uns eint, als Trennendes.“
Mit seinem jugendlichen Elan, den am Vortag schon Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker gelobt hatte, wollte Kurz nun auch das Europäische Parlament für sich einnehmen: „ Die EU ist heu- te selbstverständlich, besonders für meine Generation“, sagte der 31- jährige Bundeskanzler: „ Wir dürfen sie aber nie als selbstverständlich annehmen.“
Lob und Entrüstung nach Kanzlers Rede
„ Österreich ist ein großes, starkes europäisches Land“, lobte anschließend Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei, der ja auch die Liste Kurz angehört.
Bündnistreue von Mitte und Rechts gab es bezüglich Kurz’ Fokus auf Afrika und den Schutz der Außengrenzen. Wo sich aber für Udo Bullman, dem Fraktionschef der Sozialdemokraten, die Frage aufdrängte: „ Wollen Sie Schengen zerstören, Herr Bundeskanzler? Entrüsten Sie die innerösterreichische Dis- kussion. Keine bewaffneten Grenzen in der EU.“
Kurz dazu: „ Ich bin ein Freund der Debatte und der Diskussion. Diese muss aber respektvoll und auf Augenhöhe sein.“
Kurz äußerte Sorge über den Ist- Zustand der EU, denn Europa sei ja unsere Zukunft. Und damit nahm er Gegnern den Wind aus den Segeln: „ In der EU hab ich das Gefühl, wir sind in einer Negativspirale nach unten. Das bringt uns nicht weiter. Die Mitgliedsstaaten klagen viel zu viel übereinander. Ich glaube an ein gemeinsames Europa.“
Und stellte somit seine Kritiker als Anti- Europäer dar. Ohne auf eine konkrete Frage eingegangen zu sein, hatte er die Seinen und ein paar mehr auf seiner Seite. Für die gab es wieder ein paar Selfies.