Kronen Zeitung

„ Nicht jeder Spieler i l ist gleich süchtig“

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Die „ Krone“befragte den Psychiater und bekannten Suchtspezi­alisten Prim. Dr. Roland Mader, Anton Proksch Institut Wien, zur Katalogisi­erung moderner Süchte und psychische­r Erkrankung­en.

Die Online- Sucht wurde gerade in den Krankheits­katalog der WHO aufgenom-

men. Was halten Sie als Experte davon?

Grundsätzl­ich bin ich sehr froh darüber, dass diese Sucht nun einen Code in diesem Katalog hat. Der Zeitpunkt dafür kommt genau richtig, auch, um die Gesellscha­ft für das Thema weiter zu sensibilis­ieren. Immerhin behandeln wir schon seit über zehn Jahren Patienten mit diesem Leiden. Es war uns Ärzten also klar, dass es sich um eine Störung handelt. Nun kann man eine offizielle Diagnose stellen. Wie hat man diese Krankheit früher bezeichnet?

Eingeordne­t wurde sie als eine „ sonstige Störung der Impulskont­rolle“, gleich neben der Glücksspie­lsucht „ beheimatet“. Das Internet gibt es noch nicht so lange, die Bezeichnun­gen sind vielfach deutlich veraltet.

Eine Veränderun­g braucht oft Jahre. Was bringt eine Katalogisi­erung der Krankheite­n?

Gerade im psychische­n Sektor ist eine einheitlic­he Diagnose sehr wichtig, denn weltweit verschiede­ne Mediziner definieren z. B. eine Depression wahrschein­lich anders. Ein internatio­nales Gremium sichert nun ab, dass diese Erkrankung in Wien nicht anders verstanden wird als etwa in Zürich. Das ist auch wichtig für Kommunikat­ion und wissenscha­ftliche Literatur. Was haben die Patienten davon?

Kann man ein Leiden nach genauen Kriterien einordnen, wird es schließlic­h von der Öffentlich­keit auch als „ echt“akzeptiert. Online- Gaming also präsentier­t sich nun nicht mehr

nur als Willenssch­wäche, sondern als offizielle Erkrankung. Es wird für Betroffene wahrschein­lich künftig leichter und kostengüns­tiger, gezielte Beratung und Behandlung zu erhalten.

Kritisiert wurde von einigen Medizinern, dass nun plötzlich alle Online- Gamer automatisc­h als süchtig bezeichnet werden.

Das ist reine Panikmache! Es müssen ja bestimmte Symptome mindestens ein Jahr bestehen. Nur ein bis zwei Prozent, bei Jugendlich­en bis zu vier Prozent, haben ein Problem mit der Internetsu­cht. Nicht jeder, der gerne imNetz spielt, ist gleich krank! Trotzdem stellen die neuen Medien mit Sicherheit eine Herausford­erung dar, die in der Gesellscha­ft zunehmende­s Thema sein soll und wird.

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e ilk W : o t F Prim. Dr. Roland Mader, Anton Proksch h Institut, Wien

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