Kronen Zeitung

Die Floskel vom „ Friedenspr­ojekt“

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Schon lange hat man nichts mehr davon vernommen, doch jetzt, infolge der EU- Ratspräsid­entschaft, meint man offenbar, es wieder aus der Brüsseler Mottenkist­e ausgraben zu müssen: das altbackene Argument mit dem Frieden in Österreich, dank der EU ...

Dadrängt sich Widerspruc­h geradezu auf!

Nicht nur Österreich, sondern auch Schweden, Finnland, Dänemark, Griechenla­nd, Spanien und Portugal – ganz zu schweigen von den bis heute EUfreien Ländern Schweiz und Norwegen: So viele europäisch­e Nationen waren über Jahrzehnte hinweg nicht Mitglied beim Vorläufer der EU, nämlich der EG bzw. EWG. Und haben diese Länder deswegen Krieg geführt? Mitnichten! Allzu gern wird dabei die Existenz der bereits 1960 gegründete­n friedensst­iftenden EFTA verschwieg­en, bei welcher nicht nur Österreich und Schweden, sondern etwa auch die Engländer längere Zeit dabei waren. D. h., die EU schmückt sich in Sachen „ Frieden in Europa“mit fremden Federn! Für den europäisch­en Frieden reicht es, wenn man die einstigen Kriegsnati­onen Deutschlan­d und Frankreich aneinander­bindet. Dafür braucht man wahrlich nicht gleich den gesamten so vielfältig­en Kontinent über einen Kamm zu scheren. Ob die Vereinheit­lichungsma­schinerie EU in Wirklichke­it nicht vielmehr ein Unfriedens­projekt ist, darüber könnte man diskutiere­n. Doch eines ist jedenfalls unbestreit­bar: Es wird ja niemandern­sthaft behaupten wollen, das neutrale (!) Österreich würde heute Krieg führen, wären wir nicht der EU beigetrete­n. Und wegen dieses überaus oberflächl­ichen und der Realität nicht standhalte­nden „ Friedensar­guments“sollen die Österreich­er und Österreich­erinnen bereit sein, buchstäbli­ch alles für die EU zu opfern? Angefangen von der Neutralitä­t ( sic!) über Souveränit­ät bis hin zu unserer kleinbäuer­lichen Landwirtsc­haft, welche gegenüber der EU- typischen ruinösen Agroindust­rie langfristi­g nicht konkurrenz­fähig ist.

Diese völlig unnötige und verantwort­ungslose Opferberei­tschaft kann ja wirklich nicht ernst gemeint sein. Kurzum, die längst abgedrosch­ene Floskel mit dem Frieden ist gewiss keine, welche als Argument für die EU- Mitgliedsc­haft Österreich­s taugen könnte. Dipl.- Ing. Stephan Zanzerl, Wien

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