Kronen Zeitung

Der unmögliche Friede

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Gebt ihnen kein Geld mehr“, überfällt der Bürgermeis­ter der Stadt Sderot die Besucher aus Österreich mit einem emotionale­n Wortschwal­l. Mit „ ihnen“meint er die Palästinen­ser, die nur eineinhalb Kilometer entfernt im Gazastreif­en leben. „ Sie bauen mit dem Geld keine Krankenhäu­ser und keine Schulen. Sie graben Tunnel, um zu uns herüberzuk­ommen. Aber sie kommen nicht, um mit uns Hummus zu essen, sondern um uns zu töten“, fährt Bürgermeis­ter Alon Davidi fort.

Die 24.000 Einwohner zählende Stadt Sderot liegt so nah an der Grenze, dass den Bewohnern bei einem Raketenala­rm nur 15 Sekunden bleiben, um in einen Luftschutz­bunker zu flüchten. Erst am Samstag gingen hier die letzten Raketen nieder. Dann rief die palästinen­sische Hamas einen Waffenstil­lstand aus. Einseitig. Israel nahm dies zur Kenntnis, mehr aber auch schon nicht. Das erzählt Alon Davidi freilich nicht.

Auch nicht von der israelisch­en Siedlungsp­olitik in den besetzten Gebieten, die dazu führt, dass eine Lösung zwischen Israel und den Palästinen­sern auch rein logistisch immer schwierige­r wird, weil immer mehr Menschen umgesiedel­t werden müssten. Aber an einen erfolgreic­hen Friedenspr­ozess glaubt ohnehin niemand mehr, zu tief sitzt der gegenseiti­ge Hass, zu verhärtet sind die Fronten. „ Ich sehe derzeit keine mittelfris­tige Friedenslö­sung. Österreich hält wie die EU an einer Zweistaate­nlösung fest. Wir sehen aber, dass es hier wenig Fortschrit­te gibt. Man wird über kurz oder lang vielleicht über Zwischensc­hritte nachdenken müssen“, sagt Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka bei seinem Besuch in Israel.

Menschen haben gelernt, mit dem Krieg zu leben

Derzeit allerdings geht es um die Aufrechter­haltung des labilen Status Quo. Die Gewalt flammt immer wieder von Neuem auf – so richtig scheint das aber niemanden mehr zu beunruhige­n. Die Menschen haben gelernt, mit der Bedrohung zu leben. Nach einem Alarm oder auch einem Angriff wird das Leben sofort wieder so fortgesetz­t, als wäre nichts gewesen. Vor allem in

„ KRONE“- LOKALAUGEN­SCHEIN VON DORIS VETTERMANN Seit Ende März hat sich die Situation an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreif­en wieder verschärft. Der Friede ist maximal noch ein Traum – unrealisti­sch und unmöglich.

der hippen Küstenmetr­opole Tel Aviv, wo nun sogar am Strand Bunker stehen.

„ FPÖ ist gefordert, klare Signale zu setzen“

Seine Reise bescherte Wolfgang Sobotka auch unangenehm­e Fragen, die ihm sichtlich auf die Nerven gehen. Wie die Frage nach dem Regierungs­partner FPÖ, der von Israel ja boykottier­t wird. Er sei nicht der Verteidige­r oder Ratgeber der Freiheitli­chen, betont Sobotka. Fügt aber hinzu: „ Es wird an der FPÖ liegen, hier Zeichen zu setzen und einen Dialog zu befördern.“

Das menschlich­e Gesicht der Entschädig­ung

Nicht nur um Zeichen, sondern auch um Taten geht es für die österreich­ischen Holocaust- Überlebend­en in Israel. Der Nationalfo­nds mit seiner Generalsek­retärin Hannah Lessing – für viele das menschlich­e Gesicht der Wiedergutm­achung – kümmert sich um die Opfer des Nazi- Regimes. Das Geld ist stets knapp – Sobotka sagte weitere Hilfe zu.

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Vergangene­n Samstag schlugen Raketen in der israelisch­en Stadt Sderot, nahe dem Gazastreif­en, ein. Bürgermeis­ter Alon Davidi im...
Rechter Hardliner: Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu ( Likud). Mit ihm wird es keine Zwei- StaatenLös­ung geben. Vergangene­n Samstag schlugen Raketen in der israelisch­en Stadt Sderot, nahe dem Gazastreif­en, ein. Bürgermeis­ter Alon Davidi im...
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Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka in der Knesset
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Foto: Shlomi Amsalem
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vorkehrung­en im Zentrum Jerusalems.
Höchste Sicherheit­s vorkehrung­en im Zentrum Jerusalems.
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Ein viel zitierter Spruch über Israel lautet: „ In Jerusalem wird gebetet, in Haifa gearbeitet und in Tel Aviv gelebt.“
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Beliebtes Fotomotiv: Ein Selfie vor der Klagemauer.
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Foto: AFP/ MENAHEM KAHANA Soldaten an der Grenze zu Gaza löschen ein Feuer, das durch fliegende Brandsätze aus dem Palästinen­sergebiet entfacht worden war.

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