Und ewig lockt die Buhlschaft
Es gibt kaum eine Rolle in der Theaterwelt, die so klein ist, aber dank der Salzburger Festspiele jedes Jahr so viel Aufmerksamkeit bekommt
40 Zeilen für die Ewigkeit! Es gibt kaum eine Rolle in der Theaterwelt, die so klein ist, aber dank der Salzburger Festspiele jedes Jahr so viel Aufmerksamkeit bekommt. Am Sonntag feiert der „ Jedermann“am Domplatz Premiere.
Sie ist Fluch und Segen zugleich. Sie kann als Adelung und als Abstempelung bewertet werden. Doch egal, was man von der Darstellerin der „ Buhlschaft“im „ Jedermann“bei den Salzburger Festspielen denkt, wenn sie am Sonntag um 21 Uhr erstmals in diesem Jahr auf der Bühne am Domplatz steht – sie lässt keinen kalt.
Am wenigsten wahr- scheinlich die Schauspielerinnen selbst. Denn klar ist es reizvoll, aber manch eine wehrte den wohl berühmtesten 40- Zeiler der Theatergeschichte bereits dankend ab. Ob man bei solch einem Rollenangebot bedingungslos Ja sagen sollte, bewertet Künstlermanager und Werbe- Experte Herbert Fechter wie folgt: „ Unbedingt würde ich einer Schauspielerin dazu raten. Denn der Kultur- und Society- Marktwert ist danach um ein Vielfaches höher.“Dieser Wert lässt sich beziffern? „ Nein, es ist der mediale und nicht der pekuniäre Wert, der steigt. Der geht erst mit den Offerten, die danach folgen, in die Höhe.“Differen- zierter sieht es Manager Mario Rossori: „ Jedenfalls bedeutet die Zusage bei dieser prestigeträchtigen Rolle in keinster Weise etwas Negatives – aber ein echter Karrieresprung muss es auch nicht unbedingt sein.“Im Sog der Aufmerksamkeit rückt meist auch das Privatleben der Darstellerinnen in den Fokus des Interesses. Nicht vielleicht dass es der Mittelpunkt des heliozentrischen Weltbildes wäre. Aber dennoch: „ Wie tickt die Buhlschaft privat?“, das ist besonders bunten Blättern immer eine Schlagzeile wert. Man kann sich in seinen Kokon zurückziehen oder Konter geben. So wie Birgit Minichmayr: „ Ach, ich nehme es mit Hu-
ICh kann niCht oft genug sagen: BesChreiBungen üBer den Körper einer Darstellerin haBen in Kritiken niChts verloren.
Stefanie Reinsperger
mor. Große Schwierigkeiten bekomme ich, wenn man versucht, meine Eltern oder meine Freunde anzurufen und nach mir auszufragen. Solche Methoden finde ich unterirdisch. Nicht weil ich Society- Geschichten verurteile, das soll jeder einfach für sich selber so halten, wie er es möchte. Als Schauspielerin gebe ich ohnehin so viel von mir preis. Ich bin schließlich mein eigenes Material.“
In ist, wer drin ist. Hieß es zumindest in den „ goldenen Society- Zeiten“, in denen „ Jedermann“Curd Jürgens oder Herbert von Karajan zu glamourösen und elitären Anlässen luden – die jeweilige Buhlschaft war immer dabei. Einer der wohl re- nommiertesten Fotografen Salzburgs und Kenner der Festspiele, Franz Neumayr, gibt im „ Krone“- Interview einen Einblick hinter die Kulissen: „ Die Empfänge sind von Sponsoren bestimmt und leider nicht mehr so spontan wie früher einst bei Karajan oder einer Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Im Mai wissen wir schon, was im Sommer an Veranstaltungen alles passieren wird. Ob das besser oder schlechter ist, das muss jeder selbst bewerten.“
Tatsache ist, dass jeder eine Schmerzgrenze hat, auch die Darsteller auf dem Salzburger Domplatz. Diese beginnt allerdings im Falle der Buhlschaft genau da, wo die reine Rollenkritik aufhört. Die aktuelle Buhlschaft Stefanie Reinsperger meint dazu pragmatisch: „ Ich kann nicht oft genug sagen; Beschreibungen über den Körper von Darstellerinnen und Darstellern haben in Kritiken nichts verloren.“