Nasser Tod im „ Schwäbischen Meer“
Bregenzer Festspiele: Wiederaufnahme von Bizets „ Carmen“auf der Seebühne
Auf frischen roten Nagellack für die riesigen Hände hat man vergessen! Sonst präsentierte sich aber Georges Bizets beliebte Oper perfekt aufgefrischt, und die laue Sommernacht am Ufer des Bodensees tat ein Übriges, versetzte einen in den Süden, in ein Sevilla unter Sternen. Die Stimmung war bestens, auf der Bühne ebenso wie im Orchestergraben im Untergrund – auch dank Dirigent Antonio Fogliani samt Wiener Symphonikern.
Noch einmal treffen sich Herzdame ( Carmen) und Treffbube ( Don José) auf der Bühne im Wasser, unter den Riesenhänden mit abgesplittertem Feuerrot, die Spielkarten in den See fallen lassen. Regisseur Kasper Holten und sein Team haben ihre beim internationalen Publikum 2017 zum Renner gewordene Inszenierung bis in die Details runderneuert. Vom Kampf der Zigarettenwuzlerinnen im ersten Akt über das langsam ins Wasser sinkende Ballett im zweiten bis zur Kletterakrobatik der Schmuggler im dritten ist alles voll Elan.
Akustisch klappt es – nach Jahren der technischen Experimente mit dem Klang – wieder bestens. Bregenz hat da das Ideale in Sachen Übertragung von oben und unten, von Orchester und Ensemble auf der weiten Bühne gefunden. Dirigent Antonio Fogliani, die Wiener Symphoniker, der Prager Philharmonische Chor wie auch der Bregenzer Festspielchor klingen so direkt, die Sänger und die Sängerinnen sind in den großen Dimensionen unter freiem Himmel stets präsent.
Fogliani setzt mit Esprit musikalisch auf die vielen Massenszenen, lässt aber auch den intimen Szenen viel Raum. Und das auf dieser Distanz!
Und wieder wird sie am Ende ertränkt, nach der kalten Premiere 2017 diesmal im rund 24 Grad warmen Wasser des „ schwäbischen Meeres“: Gaëlle Arquez steht als Carmen stimmlich wie darstellerisch ihre Frau, die Männern den Kopf verdreht, sich in ihrem Tun verheddert, durch Don José den nassen Tod erleidet. Weiblichkeit gepaart mit feurigem Temperament und Trotz.
Daniel Johansson als Deserteur im Namen der Liebe gefällt. Er kehrt mehr das Lyrische als die Attacke hervor, mehr das Leidende als das Brutale: in der Stimme und in der Darstellung des von Liebe Getriebenen. Das Ensemble, unter anderen mit der eher blassen Cristina Pasaroiu ( Micaëla) und dem stolzen Kostas Smoriginas ( Escamillo), überzeugt, aber besonders auch das Quartett Léonie Renaud ( Frasquita), Marion Lebègue ( Mercédès), Rafael Fingerlos ( Moralès) und Yasushi Hirano ( Zuniga). Allen wurde viel Jubel beschert.