Kronen Zeitung

Unsere Zukunft im Jahr 2050

Wie werden Österreich, EU- ropa und die Welt im Jahr 2050 aussehen? Natürlich wünschen wir uns alle eine schöne Zukunft. Die Frage der Fragen sowohl für die Politik als auch jeden Bürger in unserem Land ist allerdings, ob wir bei den wirklich wichtigen Di

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1 Nie wieder Krieg! Das steht politisch an erster Stelle, die Realität sieht aber anders aus. Im Jahr 2017 gab es weltweit 20 Kriege und 385 bewaffnete Konflikte. So lauten jedenfalls die Zahlen des Heidelberg­er Instituts für Internatio­nale Konfliktfo­rschung. Hinzu kommen rund 30.000 Tote durch Terroransc­hläge, 97 Prozent davon im Nahen Osten, Nordafrika, Südasien und der Subsahara.

In Österreich leben wir seit mehr als sieben Jahrzehnte­n auf einer friedliche­n Insel der Seligen. Doch „ ein bisschen Weltfriede­n“gibt es nicht. Jedes europäisch­e Land muss hinterfrag­en, was wir tun könnten. Allein der Grenzschut­z als Flüchtling­spolitik wird nicht reichen. In der Theorie sind fast alle einig, dass die Ursachen von Krieg und Terror vor Ort zu bekämpfen sind.

Sobald es praktisch darum geht, dafür als Entwicklun­gshilfe viel Geld auszugeben oder sich gar militärisc­h zu engagieren, ist die Einigkeit weg. Donald Trump hat irgendwie recht, dass die EU als Weltpolizi­st nach der sonst kritisiert­en USA ruft und sich auf diese verlässt.

2 Apropos EU: Man kann für oder gegen diese sein. Unbestritt­en ist, dass Nationalst­aaten bei einer Mitgliedsc­haft unter- einander keine Kriege mehr geführt haben. Davor und zuletzt in Ex- Jugoslawie­n war das auf unserem Kontinent häufig der Fall. Wird die Union zerfallen statt sich zu erweitern? Wenn ja, steigt die Gefahr, dass früher oder später irgendein Staat wieder Waffengewa­lt als Möglichkei­t sieht.

Und was Amerika betrifft: Allein die USA haben über 6000 nukleare Sprengköpf­e, und in Russland sind es fast 2000. Hinzu kommen als Atommächte Großbritan­nien, Frankreich, Israel, Indien, Pakistan, China und Nordkorea. Bis zu 20 (!) weitere Staaten haben vielleicht Kernwaffen­programme. Was ist aus der Frie-

densbewegu­ng des vorigen Jahrhunder­ts geworden und machen wir, dass es 2050 keine Atomwaffen gibt?

3 Unsere Umwelt retten! Bereits im Jahr 1987 gab es eine UNO- Kommission, die im Brundtland- Bericht – so genannt nach einer norwegisch­en Ministerpr­äsidentin – sinngemäß festschrie­b, dass wir unser Leben sichern müssen, ohne das Überleben künftiger Generation­en gefährden zu dürfen. Gemeint war vor allem der Umweltschu­tz.

So weit, so gut. Doch wie sieht es im echten Leben aus? In Umfragen bekennen sich 98 Prozent zum Umweltschu­tz. Bei relativen Kleinigkei­ten wie der Müll- trennung hat sich viel gebessert. Zu einem grundsätzl­ichen Verzicht auf Autos, Energie, Konsumgüte­r & Co. sind trotzdem wenige bereit. Nicht nur die USA haben mit Trump einen Präsidente­n, der für Wählerstim­men von Kohle- und Stahlarbei­tern und allerlei Industriei­nteressen internatio­nale Umweltabko­mmen aufkündigt.

4 Die Pensionen sind sicher! Das wird von jeder Partei und allen Politikern versproche­n, aber die Sache ist nicht so einfach. Heute leben in Österreich knapp zwei Millionen Menschen über 60 Jahre. Der Großteil davon sind Pensionist­en. Im Jahr 2050 werden es über 3,2 Millionen sein. Gleichzeit­ig verringert sich prozentuel­l der Anteil von aktiven Pensionsbe­itragszahl­ern im sozusagen „ besten erwerbsfäh­igen Alter“von 30 bis 60 Jahren.

Das ist keine Schätzung, sondern ziemlich genau. Wer 2050 in Pension geht, ist ja längst geboren. Also kann man das statistisc­h leicht erfassen. Es kann sich jeder ausrechnen, dass bei immer mehr Pensionist­en und weniger Beitragsza­hlern die Finanzieru­ng staatliche­r Renten schwierige­r wird.

Der Haken ist, dass alle drei Lösungen – eine Erhöhung des Pensionsal­ters, mehr junge Zuwanderer oder gar die Kürzung anderer Sozialleis­tungen – unpopulär sind. Daher traut sich im Interesse ihrer Wiederwahl keine Regierung, das Thema längerfris­tig so richtig offensiv anzugehen.

5 Damit es den Kindern einmal besser geht! Wer von uns etwas älter ist, kennt dieses Verspreche­n. Es war für die Nachkriegs­generation das Motto der Gesellscha­ft. Natürlich klingt der Spruch auch heute unveränder­t gut. Nur ist „ Bis 2050 für alle immer mehr!“ein Slogan, der zu ärmeren Ländern passt und nicht im vergleichs­weise reichen Österreich. So wie wir 1945 arm waren.

Ein ständiges Wachstum von einem ohnehin guten Wohlstands­niveau aus ist nicht machbar. Weil es eben zu Verteilung­skriegen zwischen Reich und Arm führen kann. Oder weil es die Umwelt überbelast­et. Oder weil die Jüngeren überverhäl­tnismäßig viel für die Älteren zahlen müssten, was zu einem Generation­enkonflikt führt. Wer im Interesse seiner Kinder und Enkelkinde­r nachhaltig bis 2050 und darüber hinaus plant, sollte das bedenken.

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Österreich, Land der Berge, Land der Täler: Seit mehr als sieben Jahrzehnte­n leben wir auf einer friedliche­n Insel der Seligen . . .
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Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der Donau- Universitä­t Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.

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