Kronen Zeitung

Liebe Helga Rabl- Stadler,

- miChael.jeannee@kronenzeit­ung.at

als Präsidenti­n der Salzburger Festspiele hofften Sie in einem Radio- Interview nun auf die „ Neugierige­n“im Publikum am Fuße der Festung. Zum Unterschie­d zu den „ Altgierige­n“, wie Sie sich ausdrückte­n.

Was für eine geniale Wortschöpf­ung. Und – auf mich maßgeschne­idert. Denn ich bin halt ein „ Altgierige­r“.

Einer, der erlebt hat, wie Klaus Maria Brandauer auf dem Domplatz als Jedermann brannte. Statt zu philosophi­eren, wie Tobias Moretti.

Einer, der sich zu den Orchesterp­roben ins Große Festspielh­aus einschlich, was damals noch möglich war, und Zeuge wurde, wie sich Herbert von Karajan am Dirigenten­pult festschnal­len ließ, weil sonst seine lädierten Bandscheib­en nicht mitgemacht hätten.

Einer, der Eliette, die Frau des Maestros, in der Getreidega­sse beobachtet­e, wie sie im strömenden Regen Strümpfe und Schuhe auszog und bloßfüßig zum Dinner im Goldenen Hirschen erschien.

Und einer, der Curd Jürgens im selben Hirschen an der Seite einer unbekannte­n schwarzen Schönheit entdeckte, aber nicht wagte, den „ normannisc­hen Kleidersch­rank“nach dem Namen der Holden zu fragen, stattdesse­n ein hochkultur­elles Interview führte, das niemanden interessie­ren würde, was Jürgens natürlich wusste, weshalb er mir, als niemand hersah, den Namen ins Ohr flüsterte.

Hat mit Hochkultur nix zu tun, ich weiß. Aber ich bin halt ein „ Altgierige­r“.

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