Kronen Zeitung

Schuss ins Herz eines Trauerspie­ls

Salzburger Festspiele:„ Penth esilea“in J. Simons Regie mit S. H üller, J. H arzer

- Thom as Gable r

Barfuß, mit blauer Trainingsh­ose, schlapprig­em Hemd und Kaugummi kauend bedankte er sich beim Publikum für den freundlich­en Applaus: Johan Simons lieferte die erste Schauspiel­premiere im Salzburger Landesthea­ter ab. Heinrich von Kleists „ Penthesile­a“geriet in seiner Zweiperson­enversion zu einer sprachlich keinen Moment überzeugen­den und darsteller­isch eintönigen Sache, die eher für eine Kleinbühne geeignet wäre.

„ Ich sage mich vom Gesetz der Frauen los“, sagt die Amazonenkö­nigin Penthesile­a am Ende der zwei Stunden versuchter Selbstdars­tellung des Duos Sandra Hüller und Jens Harzer. Das sollte wohl – wie so vieles in Vasco Boenischs neuer Textfassun­g – als Absage der Kriegerin an den modernen Feminismus klingen. Was schon alles ist, auch wenn sie den Ida auf den Ossa, also einen der berühmten griechisch­en Gipfel auf den anderen „ wälzen“will.

Johan Simons Version, eine Koprodukti­on mit dem Schauspiel­haus Bochum, verzichtet auf den Chor der Amazonen, verzichtet auf Stimmungen, auf Kampfgeheu­l auf den blutgeträn­kten Schlachtfe­ldern des Trojanisch­en Krieges. Auf der Bühne mit breiter werdenden Lichtstrei­fen auf dem Boden der Rampe von Johannes Schütz herrscht Dunkel, sonst nichts: Darauf beginnt das Trauerspie­l mit Gerenne im diffusen Hintergrun­d, gegenseiti­gem, fast hündischem Beschnuppe­rn, Umhertänze­ln …

„ Die Schäferstu­nde bleibt lange nicht mehr aus“, sinniert Achilles nah dem ersten Kampf mit Penthesile­a ( nachdem er ihr sein Verlieren vortäuscht). Nach einer langweilig­en ersten Stunde ist es dann so weit: Simons Inszenieru­ng verweigert aber jede sinnliche Annäherung: Man beschnüffe­lt sich erneut, knabbert an Hälsen und Zehen. Absage an jegliche ( erotische) Anziehung, die wohl nicht einmal Kleist gedacht hatte. Die Lust auf An- näherung bleibt gebremst, die Liebesgött­in Aphrodite hatte wohl Ausgang.

„ Meistersch­uss ins Herz des Glückes.“Der trifft Achilles im zweiten Kampf: Jens Harzer als Sohn der Nereiden, verliert nicht nur im Kampf mit „ Penthesile­a“. Sein Held bleibt einförmig, möchte moderner Mann mit Gefühl sein, zeigt aber nur eine plakative Figur, die sich sprachlich und darsteller­isch in Simons wenig überzeugen­dem Konzentrat verliert.

Jede Menge Vorschussl­orbeeren gab es für Sandra Hüller. Ihre Penthesile­a ist keinen Moment Tragödin im Kampf zwischen Räson und Gefühl. Sie bewältigt Diktion, Ausdruck, Gehabe und selbst Hysterie bei der sie übermannen­den (!) Liebe kaum. Wo blieb die angekündig­te Persönlich­keit? Das Herz ist tot in diesem Trauerspie­l!

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Ge ge nse itige s Ve rze ihe n am Ende e ine s fade n Ge schle chte rkam pfs: „ Pe nthe sile a Sandra Hülle r, „ Achille s“Je ns Harze r. De r Sohn de r Ne re ide n be im ganz und gar unsinnlich­e n Te chte lm e chte lm it de r Am azone nkönigin: Hülle...
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Laue s: Johan Sim ons

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