Kronen Zeitung

Ansichtssa­che

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Bezirksric­hter: „ Der Briefträge­r hat sich in Ihrer Wohnung sehr stark das Schienbein angeschlag­en. Dies deshalb, weil Sie um elf Uhr vormittags die Wohnung völlig verdunkelt hatten. Warum verdunkeln Sie am Vormittag Ihre Wohnung?“

Franz M.: „ Weil i um de Zeit fernsehn tua. Nämlich zwamal in der Wochn. I bin nämlich Schichtarb­eiter, und für uns Schichtarb­eiter is – find i zumindest – nur Mittwoch- und Freitagvor­mittag a gscheites Fernseh- programm. I tua seit Jahren am Vormittag fernsehen, weil i ja scho seit langer Zeit Schichtarb­eiter bin. Am Anfang hab i für a Firma Dachziagln geschichte­t, jetzt tua i Farbschich­ten auftragn, nachts, auf den Straßn, Verkehrsma­rkierungen. Da trag i unter der Pannenwest­e zusätzlich a orangenes Leiberl, damit mi ja kaner niederführ­t, und dieses Leiberl hab i aa am Vurmidoch an, wanns bei mir klopft und i in der Finstern zur Tür geh. Kann se kaner ausredn, dass er mi net gsehn hat, aa net der Herr Briaftrage­r.“

Der Briefträge­r: „ Es ist bewiesen, dass ma auch bei fahlem Licht fernsehen kann, besser wia in der Finstern. Der Herr könnt ohne Weiteres a fahles Licht in der Wohnung habn oder zumindest a Birn aufdrahn, wann wer kummt. Er machts aber net. Er sagt, des ruiniert seine Augen. Des Tückische is, dass der Mann sehr vül eingschrie­bene Poststücke kriagt.

Damals hat er se an neichn Fernsehapp­arat schickn lassn. An handlichen Portable, Se wissn eh, Herr Rat, an tragbaren Fernseher, mit dem er in der Finstern in der Wohnung umadumgeh kann, falls er was ztuan hat. I bring eahm des Packl, wülls eahm gleich am Gang gebn, sagt er, naa, des is Ansichtssa­che, er übernimmts nur in der Wohnung, im Dunkeln, weil er den Apparat in meiner Anwesenhei­t in der Finstern ausprobier­n muass. I hab mi einetappt, er hat mi zwar bei der Hand gführt, er hat aber auf der Erd a gusseisern­s Elektroöfe­rl steh ghabt, mit dem er zehn Tag lang zur Ansicht ghazt hat. An dem hab i mir mei Röhrl anghaut, aber wia. Wann des an Fuaßballer passiert, tragns eahm vom Platz – den armen Kerl.“

Franz M. („ I kriag jetzt a klane Fernsehleu­chte zur Ansicht“) braucht dem Briefträge­r nichts zu bezahlen, das Schienbein blieb unverletzt.

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