Kronen Zeitung

Fast 14.000 Kinder leben von ihren Eltern getrennt

Immer mehr Unterbring­ungen in Heimen oder auf Pflegeplät­zen Neues Gesetz sorgt für Kritik

- KERSTIN WASSERMANN

Die Zahlen sind erschrecke­nd: 13.617 Kinder leben in Österreich derzeit von ihren Eltern getrennt. 5319 wurden bei Pflegefami­lien untergebra­cht, 8411 in sozialpäda­gogischen Einrichtun­gen. „ Und es gibt schon jetzt massive regionale Unterschie­de“, zeigen die Jugendanwä­ltinnen Astrid Liebhauser ( Kärnten), Christine Winkler- Kirchberge­r ( Oberösterr­eich) und Andrea Holz- Dahrenstae­dt ( Salzburg) auf.

In Kärnten ist jedes 100. Kind betroffen

Kärnten etwa sei trauriger Spitzenrei­ter bei den Kindesabna­hmen – bereits jedes 100. Kind (!) ist davon betroffen. Und auch Vorarlberg, Wien und die Steiermark lägen deutlich vor den übrigen Ländern.

In Tirol hingegen sei eine Kindesabna­hme der allerletzt­e Ausweg. Befriedige­nde Erklärunge­n für dieses Phänomen gibt es nicht, wie auch die Volksanwal­tschaft bereits sehr kritisch aufgemerkt hat. Allerdings wird gemutmaßt, dass manchmal auch wirtschaft­liche Interessen verfolgt werden – entspreche­nde Einrichtun­gen müssen ausgelaste­t sein.

„ Bei der großen Anzahl und Häufigkeit an Fremdunter­bringungen ist es besonders wichtig, dass die Rechte der Kinder in öffentlich­en Institutio­nen überwacht werden, dass es unabhängig­e Kontrollen gibt“, sind sich die Experten einig.

Eigene Spielregel­n in allen Bundesländ­ern

Immerhin ist das ein extrem sensibler Bereich: Skan-

dale um Misshandlu­ngen und Missbrauch, körperlich­er und seelischer Natur, die oft erst nach Jahrzehnte­n bekannt wurden, haben das Vertrauen in manche Heime schwer beschädigt.

Nur mühsam gelingt es engagierte­n Pädagogen und Betreuern, dieses Vertrauen wieder aufzubauen und die Qualität der Jugendwohl­fahrt aus- und aufzubauen.

Auch Jugendanwä­lte kann Regelung treffen

„ Und genau jetzt droht durch ein neues Gesetz eine massive Verschlech­terung der Situation“, warnt Jugendanwä­ltin Liebhauser. Konkret plane der Bund eine sogenannte „ Verländeru­ng“im Rahmen des sperrig klingenden Kompetenz- und Strukturbe­reinigungs­gesetzes: Die Bundesländ­er seien dann allein verantwort­lich für ihre Kinder- und Jugendhilf­e; können Regeln für ihre Jugendämte­r frei festlegen. Einheitlic­he Qualitätss­tandards gäbe es dann gar nicht mehr, befürchten die Kindervert­reter.

Anzahl der Mitarbeite­r sehr unterschie­dlich

Und auch dass je nach Finanzlage des Bundesland­es nach Gutdünken querbeet gespart werde. Auch die Jugendanwa­ltschaften kann es treffen. Derzeit sind sie weisungsfr­ei und dürfen in ihren Ländern allen auf die Finger schauen – mit einer Bestandsga­rantie vom Bund, aber sehr unterschie­dlich interpreti­erten Ausstattun­gen. In Oberösterr­eich etwa verfügt man über zwölf fixe Mitarbeite­r, in Salzburg sind es acht, in Kärnten dagegen nur vier: „ Durch die geplante Änderung ist unsere Weisungsfr­eiheit in Gefahr“, befürchtet WinklerKir­chberger. „ Ein fürchterli­cher Rückschrit­t.“

 ??  ?? Ein Mahnmal für Kinderheim­e, die es so nie mehr geben darf: jenes auf der Hohen Warte in Wien. Systematis­che Gewalt an den Kleinsten unser Gesellscha­ft.
Ein Mahnmal für Kinderheim­e, die es so nie mehr geben darf: jenes auf der Hohen Warte in Wien. Systematis­che Gewalt an den Kleinsten unser Gesellscha­ft.
 ??  ?? Von Eltern behütet : Nicht jedes Kind hat dieses Glück – immer öfter greift das Jugendamt ein
Von Eltern behütet : Nicht jedes Kind hat dieses Glück – immer öfter greift das Jugendamt ein
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 ??  ?? Andrea Holz- Dahrenstae­dt, Astrid Liebhauser und Christine Winkler- Kirchberge­r kämpfen um Kinder und Eltern.
Andrea Holz- Dahrenstae­dt, Astrid Liebhauser und Christine Winkler- Kirchberge­r kämpfen um Kinder und Eltern.
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