„ Jeder Tag ist wertvoll“
Geboren in einer anderen Welt, ist sie heute einer jener Zeitzeugen, die rar geworden sind: Johanna Mosovsky ( 108 Jahre!) wurde noch in Zeiten der Monarchie geboren. Sie lebt mit ihrer Tochter Waltraud ( 84) zurückgezogen in der kleinen Salzburger Gemein
Es berührt, dass ein Körper so beständig durchs Leben gehen kann. Eine kaum fassbar lange Zeitspanne hinterließ tiefe Falten in ihrem Gesicht . . . Johanna Mosovsky wurde im März 1910 in Wien geboren. Ihre Mutter stammte aus Böhmen, der Vater aus Ungarn. „ Die Mutti hat schon gelebt, als der Sarg des Kaisers 1918 mit Pferden über die , Mahü‘ gefahren wurde“, kennt Tochter Waltraud alle Erzählungen.
Der Vater verabschiedete sich damals mit einer Puppe von der kleinen Johanna, als er an die Front musste. Und als er heimkam: „ Dann war ein Wurstkranzl die große Sensation. Sie hat alles aufgegessen und Bauchschmerzen gehabt“, lacht ihre Tochter.
Die heute 108Jährige erlernte als junges Mädl das Schneiderhandwerk, arbeitete vor der Hochzeit in einem Modesalon an der Wiener Kaiserstraße.
1935 bis 1938 wurde ihr Mann, ein Schuster, arbeitslos: „ Aschiache Zeit. Wir haben uns nicht einmal ein Schweinshaxerl kaufen können. Aber die Mutti hat da
heim viel genäht.“Es
Mosovsky, ExOrtschef Eder und Altenheimchefin Prügger. kam fast nur Polenta auf den kargen Tisch . . . Mit dem Anschluss fand ihr Mann eine Anstellung bei der Deutschen Bahn. Er war nur sechs Jahre im Dienst, musste dann an die Front und starb beim Rücktransport von der russischen Gefangenschaft völlig abgemagert an Ruhr. Die Witwe kämpfte sich alleine mit drei Kindern durch. Wie „ a Nackerte in die Brennnesseln“habe sie sich gefühlt, als zuerst sogar eine Rente abgelehnt wurde. Mittlerweile überweist die Bahn der Trümmerfrau seit 73 Jahren eine kleine Pension. Die Hilfe Gottes und die ihrer Familie gaben ihr immer Halt. Johanna Mosovsky greift nach der Hand ihrer Besucher und drückt sie fest. „ Sie will immer alle segnen“, meint die Tochter, fast ein wenig entschuldigend, aber mit liebevoller Einsicht.
Als die heute 84- Jährige vor 40 Jahren von Wien nach Bürmoos übersiedelte, nahm sie ihre Mutter mit.
In den Beinen ging ihr die Kraft zum 100. Geburtstag aus, mental ist sie aber noch stark. Mit ihren Lebensweisheiten sorgte Mosovsky auch schon im Spital für Schmunzeln. „ Aufs Schnaufen darf man nicht vergessen“, meinte sie einmal zu einem Arzt, der sie nach dem Geheimrezept für ein so hohes Alter fragte.
Obwohl der Körper schwächer wird – für Mosovsky ist jeder Tag ein Geschenk. „ In der Früh liebt sie klein geschnittenes Butterbrot mit Honig.“Auch die Musik gehört zu ihren großen Freuden. Lieblingslied: „ Du großer Gott . . .“