Kronen Zeitung

Wo es bei der Pflege krankt

„Krone“-Analyse des ungelösten Problems:

- Klaus Knittelfel­der

ÖVP und FPÖ setzten im Ministerra­t erste Trippelsch­ritte zur lange versproche­nen Reform der Pflege. Noch ist allerdings offen, wie diese aussehen wird. Indes liegen die wichtigste­n Herausford­erungen in puncto Pflege längst auf dem Tisch – ein Blick auf die sieben größten Baustellen rund um das Megathema Pflege.

D iet ürkis-blaue Ankündigun­g, eine Pflegerefo­rm anzugehen, ist nicht neu: Im Dezember, versprach Kanzler Sebastian Kurz seit Frühsommer in regelmäßig­en Abständen, werde man ein Reformkonz­ept vorlegen.

Nun war es so weit: ÖVP und FPÖ vereinbart­en im Ministerra­t Rahmenbedi­ngungen für eine Pflegerefo­rm. Allein :D ie Details sind offen, eine Reform soll es erst nach einer Studie Ende 2019 geben. Sehr wohl bekannt sind indes die größten Pflege-Herausford­erungen – ein Baustellen-Überblick. Massive Alterung :Z uerst die gute Nachricht: Wir werden älter. Dies führt allerdings dazu, dass sich das Verhältnis zwischen Jung und Alt weiter zugunsten der Senioren verschiebt. 2050 wird es rund 1,2 Millionen Menschen über 80 geben – dreimal so viele wie derzeit. Die Zahl der Pflegebedü­rftigen wird von 460.000 auf 750.000 steigen, Pflegeausg­aben (gemessen am BIP) verdoppeln sich bis 2070. Wer soll zahlen? Das wird nicht billig. Daher lautet die heikelste aller Pflegefrag­en :W er zahlt’s? Hier gibt es im Grunde drei Möglichkei­ten: ein rein steuerfina­nziertes System wie bisher, das aber immer stärker das Budget belastet. Eine Alternativ­e wäre ein Umlageverf­ahren wie bei Pensionen – das allerdings würde wohl die Lohnnebenk­osten erhöhen und damit ein türkisblau­es Mantra konterkari­eren. Die dritte Option: eine Versicheru­ngspflicht à la Haftpflich­t. Die meisten Länder haben wie Österreich ein steuerfina­nziertes System, auch das Gros der Experten spricht sich dafür aus. Das deutsche Umlageverf­ahren ist oft in der Kritik. Die ÖVP ist wohl für eine Pflegevers­icherung, die FPÖ nicht. Personalno­t: Schätzunge­n zufolge fehlen bis 2050 rund 40.000 Pflegekräf­te. Der Pflegeberu­f muss also – vor allem finanziell – attraktivi­ert werden.

Zu kurz gesund: Obwohl die Lebenserwa­rtung steigt, hat Österreich ein Problem: Im internatio­nalen Vergleich sind wir laut Studien im unteren Drittel bei der Anzahl gesunder Lebensjahr­e. Sprich :W ir werden alt, sind aber nicht so lange gesund wie andere. Das liegt Experten zufolge auch daran, dass Pflege mehr Sozialals Gesundheit­sleistung ist.

Roboter & Co.: TürkisBlau plant, ein Konzept für den Einsatz technische­r Errungensc­haften wie Pflegerobo­ter zu erarbeiten. Heim oder daheim? Rund 80 Prozent der Pflege wird von Angehörige­n übernommen, Umfragen zufolge wollen Leute lieber daheim gepflegt werden. Türkis-Blau zieht daraus den logischen Schluss, die mobile Pflege auszubauen. Immer noch ungelöst ist indes das Bund-Länder-Wirrwarr um die Folgekoste­n für die Pflegeregr­ess-Abschaffun­g. Chaos für Angehörige: Die Ansprechpa­rtner für mobile Pflege sind andere als für stationäre, das Pflegegeld wird wiederum extra beantragt. Zudem agieren die Agenturen für 24-StundenBet­reuung selten transparen­t. Für Angehörige führt dies oft zu einem Spießruten­lauf.

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Schon lange warnen Experten vor einem Pflegenots­tand, 2019 wird die Altenpfleg­e nun zum Großprojek­t für Türkis-Blau.

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