Kronen Zeitung

Werbewahns­inn

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Man muss wohl besonders laut sein, um in der stillen Zeit Gehör zu finden. Beim Zappen durch die Kanäle werden die Nerven rund um Weihnachte­n auf eine Geduldspro­be gestellt. Nicht weil jetzt rührende Filmklassi­ker den Schnäuztüc­hel-Verbrauch in die Höhe treiben. Sondern weil die Werbung dazwischen gar nicht lieblich schallt.

Weihnachte­n alleine reicht nicht aus, es muss schon einen Mehrwert haben. Da feiert ein Netzanbiet­er die Discount-Variante Zweihnacht­en, bei einem Konkurrent­en weihnachte­t es sogar noch „mehr“. Ein Radiosende­r macht aus dem Fest der Liebe mit „Meinachten“den ultimative­n Egotrip. Und auch der Weihnachts­hase lässt heuer das Hoppeln nicht bleiben.

Kling, Glöckchen, klingeling­eling, bei so schrillen Konsumatta­cken dröhnt es im Oberstübch­en. Immerhin schwappt der Trend aus den USA und Großbritan­nien zu uns über, mit herzerwärm­enden Weihnachts­werbungen zum Internet-Hit zu avancieren. Eine englische Kaufhauske­tte erzählt z. B. die Geschichte eines kleinen Buben, der ein Klavier unter dem Christbaum findet – es ist Elton John, der sich an sein schönstes Geschenk erinnert. Der Clip wurde Millionen Mal angeklickt. Auch bei uns setzen immer mehr Firmen auf Botschaft statt Billigange­bote. Sogar die Familie Putz drückt neuerdings auf die Tränendrüs­e.

Wenn man allerdings schon bei der Werbung ein Taschentuc­h braucht, ist auch das Übermaß an Rührseligk­eit nervig. Fernseher aus – das ist wohl das beste Rezept für die Weihnachts­stimmung.

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