Kronen Zeitung

Wie viel Geld ist uns Europa wert?

Brüssel soll neue Aufgaben finanziere­n und braucht dazu mehr Geld – am Ende werden die Nettozahle­r in die Tasche greifen müssen

- Manfred Schumi

Eines bleibt Europa nach heutigem Stand der Dinge jedenfalls erspart: Der Austritt der Briten wird in nächster Zeit noch kein Loch im EU- Haushalt verursache­n. Denn im Austrittsv­ertrag ist festgeschr­ieben, dass London in der Übergangsp­hase – also zunächst bis 2021, diese kann auch verlängert werden – weiter seine Beiträge einzahlt, obwohl es nichts mehr mitreden darf.

Das erspart Österreich eine unmittelba­re Erhöhung seiner Zahlungen, die ( netto) bei knapp unter 800 Millionen Euro im Jahr liegen. Die EU- 28 haben sich diese Woche nach langem Streit auf ein Budget für 2019 verständig­t. Die Einzahlung­en steigen um 2,4% auf 148 Milliarden Euro. Vom Tisch ist die Idee, dass nicht abgeholte Förderunge­n nicht mehr zurück an die Mitgliedss­taaten, sondern ins allgemeine EUBudget gehen sollen.

Doch das größere Thema ist der Finanzrahm­en für die Jahre 2021 bis 2027, den die Kommission gerne spätestens im Oktober 2019 unter Dach und Fach hätte. Da geht es in Summe um 1,1 Billionen Euro für sieben Jahre. Das klingt wahnsinnig viel, doch man muss es in die Relation zur Größe Europas bringen: Es ist nur knapp mehr als ein Prozent der gesamten Wirtschaft­sleistung. Wie es Günther Oettinger pointiert ausdrückt: „ Von 100 Euro, die wir erwirtscha­ften, geht nur ein Euro nach Brüssel. Das muss es uns doch wert sein.“

Der Vorschlag der Kommission ( siehe Grafik) läuft auf 1,114% des BIP hinaus, das Europaparl­ament fordert sogar noch mehr. Denn es gilt, neue Aufgaben zu fi-

nanzieren, die sich alle Mitgliedss­taaten wünschen:

den Ausbau des Grenzschut­zes, mehr Mittel für Afrika zur Steuerung der Migrations­ströme;

beim Erasmus- Programm für Jugendlich­e ( Bildung, Austausch) sollen die Gelder verdoppelt werden;

die Satelliten­navigation Galileo ist ein teures, aber notwendige­s Programm;

Wegen des Brexit fehlen künftig jährlich rund 12– 14 Milliarden Euro aus Großbritan­nien. Diese Lücke muss man stopfen. Noch dazu müssen die Agrarförde­rungen und die Unterstütz­ung struktursc­hwacher Regionen, die zusammen 64 Prozent des EU- Haushaltes verschling­en, im Wesentlich­en aufrecht bleiben. Sie sollen nur um 5% ( Agrarbudge­t, Direktzahl­ung an Bauern 4%) bzw. knapp 7% ( Regionalen­twicklung) gekürzt werden. Oettinger: „ Das ist für Österreich wichtig, damit es weiter hoch oben Bergbauern an steilen Hängen geben kann.“

Er verteidigt auch die Regionalfö­rderungen für unsere Nachbarn: „ Österreich als Nettozahle­r profitiert indirekt von den Mitteln, die an Tschechien, die Slowakei oder Slowenien fließen.“Doch es führt kein Weg vorbei, dass die Mit- gliedsstaa­ten mehr einzahlen müssen. Die Position, dass man sich gegen die Kürzung der Agrarförde­rung wehrt, aber gleichzeit­ig nicht mehr zahlen will, ist kaum haltbar. Oettinger sagt es mit einfachen Worten: „ Wer nix einzahlt, kriegt nix

von mir.“

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Haushalts- Kommissar Günther Oettinger: „ Wer nix zahlt, kriegt von mir nix.“

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