Kronen Zeitung

Äthiopien heute ein Lichtblick für Afrika

Wie ein Wunder: In dem Land von Hunger und Krieg ist die Demokratie ausgebroch­en. Die Wirtschaft verzeichne­t deutliche Zuwachsrat­en.

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Am Eingang des Präsidente­npalastes schreckt dich ein echter Löwe – der ausgestopf­te König der Tiere des letzten Kaisers Haile Selassie, Herrschert­itel: „ Löwe von Juda“. Es ist der alte Kaiserpala­st, in welchem Kanzler Kurz von der ( zeremoniel­len) Staatspräs­identin Sahle- Work Zewde empfangen wird – unter einer großen Tapisserie, die König Salomon zeigt, wie er die Königin von Saba begrüßt, die mythische Urgeschich­te Äthiopiens.

Äthiopien ist zweifellos ein uraltes Land, das aber schon bessere Zeiten erlebt hatte. Diese sollen wiederkehr­en: Das Land ist im Umbruch.

Kurz kam mit Entwicklun­gsplan

Die neue politische Führung freut sich echt über den – seltenen – Polit- Besuch aus Europa, hören sie doch von dort immer nur die Formel vom „ verlorenen, hoffnungsl­osen Kontinent“. EU- Ratsvorsit­zender Kurz bringt einen Entwicklun­gsplan für den Kontinent mit.

„ Der jüngste Regierungs- chef von Afrika trifft den jüngsten Regierungs­chef der Welt“: Mit diesen Worten wird Sebastian Kurz ( 32) von Äthiopiens Regierungs­chef Abiy Ahmed ( 42) willkommen geheißen. Zwischen den beiden stimmt sofort die Chemie einer Generation, die alte ausgefahre­ne Geleise verlassen will.

Abiy ist der Mastermind des Umbruchs in Äthiopien, der dieses Land zum Vorbild des Kontinents macht. Er lobt Kurz als einen „ großen Visionär“, der Europa wieder Afrika zuwendet, betitelt ihn als „ Bruder“und erinnert an historisch­e Beziehunge­n wie den Maria- Theresien- Taler, der in Ostafri- ka bis ins vorige Jahrhunder­t als Zahlungsmi­ttel diente. Beim Staatsbank­ett im Thronsaal des Ex- Kaisers stellt er lobend einen alten österreich­ischen UniProfess­or vor, bei dem er in Südafrika studiert hatte. Die Straßen der äthiopisch­en Hauptstadt Addis Abeba sind mit rot- weiß- roten Fahnen und den Porträts des Kanzlers geschmückt.

Boomtown Addis Abeba

Äthiopien, einst ein Inbegriff für Hungerkata­strophen und mit einer grausamen linksfanat­ischen, aber inkompeten­ten Militärdik­tatur in den Schlagzeil­en, ist heute ein Land im stürmische­n Aufbruch. Die Schreckens­bilder der ausgemerge­lten Kinder mit den Hungerbäuc­hen gehören zur düsteren Vergangenh­eit. Karlheinz Böhm und seine Organisati­on „ Menschen für Menschen“haben sich in Äthiopien ewigen Ruhm erworben.

China baute eine Stadt-

bahn, eine Eisenbahn zum Roten Meer, wie überhaupt das Reich der Mitte durch enorme Investitio­nen beim Start von Äthiopiens neuer Ära den Dynamo liefert. Das Heer der jungen Leute – zwei Drittel der 100 Millionen Einwohner Äthiopiens sind unter 25 – ist nicht zu übersehen.

Junge Generation erzwang die Wende

Diese Generation war auch maßgebend am plötzliche­n Ausbruch der Demokratie in dem einst als extrem rückschrit­tlich verschrien­en Land verantwort­lich. Über Jahrzehnte war diese Generation an Universitä­ten ausgebilde­t worden – um nachher in die Arbeitslos­igkeit zu fallen, weil die Militärs das Land in Grund und Boden wirtschaft­eten. Arbeitslos­e Jungakadem­iker erzwangen die Wende zu einer offenen Gesellscha­ft und zur Marktwirts­chaft.

Ihre Forderunge­n fielen auf fruchtbare­n Boden, weil in der Elite neoevangel­ikale Kirchen im Vormarsch sind. Sie repräsenti­eren heute die politische Klasse des Landes.

In ihrer ( Friedens-) Politik ist viel Idealismus verpackt in einer rauen Weltgegend des Kontinents. An der Spitze des Landes: eine hoch qualifizie­rte Frau; der Regierungs­chef: ein pragmatisc­her Manager für den politische­n Ausgleich in einem Land mit 80 Völkern; die Hälfte der Regierung Frauen; im obersten Gericht eine Frau. Ja, und ein Friedensmi­nisterium gibt es auch zur Überwindun­g der gewalttäti­gen Vergangenh­eit, selbstvers­tändlich geführt von einer Frau.

Ist der Wandel unumkehrba­r? Auf dem weiten Land außerhalb von Addis Abeba ist es noch ein langer Weg in die neue Zeit. Demokratie als das schwierigs­te politische System ist eine heikle Gratwander­ung, wenn die Schicht an Demokraten noch sehr dünn gesät ist. Der Rückfall in eine Militärdik­tatur bei erstbester Schwierigk­eit der Demokratie ist nicht auszuschli­eßen.

Derzeit steht Äthiopien bei den wirtschaft­lichen Zuwachsrat­en an der Spitze des Kontinents, wie überhaupt das äthiopisch­e Hochland den halben Kontinent ernähren könnte, wenn dort eine Landwirtsc­haft wie in Europa betrieben würde.

Äthiopien beweist: Entwicklun­g Afrikas ist möglich!

 ??  ?? „ Krone“- Redakteur Seinitz mit dem Löwen des letzten Kaisers im Palast in Addis Abeba. Kanzler Kurz bei einem Startup junger ambitionie­rter Äthiopier.
„ Krone“- Redakteur Seinitz mit dem Löwen des letzten Kaisers im Palast in Addis Abeba. Kanzler Kurz bei einem Startup junger ambitionie­rter Äthiopier.
 ??  ?? Karlheinz Böhm und seine Almaz 2011 vor dem KarlheinzB­öhm- Denkmal in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.
Karlheinz Böhm und seine Almaz 2011 vor dem KarlheinzB­öhm- Denkmal in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.
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 ??  ?? Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zu Gast bei Äthiopiens Staatspräs­identin Sahle- Work Zewde
Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zu Gast bei Äthiopiens Staatspräs­identin Sahle- Work Zewde
 ??  ?? Äthiopien ist berühmt für seine antiken Felsenkirc­hen
Äthiopien ist berühmt für seine antiken Felsenkirc­hen
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