Faust aufs Aug
Gegen zahlreiche Mitbewerber hat sich in dieser Woche das Landestheater im idyllischen St. Pölten für diese Kolumne qualifiziert. Dort nämlich wird, vom „ Standard“bobopublizistisch gefeiert, „ eine feministische Fassung von Molnárs , Liliom‘“gezeigt. Eine ihren lebensuntauglichen Mann über das Grab liebende Frau sagt da im Original zu ihrer Tochter: „ Es ist möglich, dass einen jemand schlägt, und es tut gar nicht weh.“Dieser Satz lautet nun: „ Ich glaube nicht, dass es möglich ist, dass einen einer schlägt, und es tut nicht weh.“Damit ist es erreicht: Es wird nicht mehr nur an der Weltliteratur gestümpert, sondern dem Dichter bei offenem Vorhang aggressiv über das Maul gefahren.
Weitere Maßnahmen können nur eine Frage der Zeit sein. Zum Beispiel gegen Schillers „ Fiesco“(„ Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“): „ Ich bin sicher, dass der maximalpigmentierte Mitbürger seine Schuldigkeit getan hat, und fordere für ihn daher einen Aufenthaltstitel.“Oder Goethe, „ Faust“(„ Das ist ein Weib wie auserlesen zum Kuppler- und Zigeunerwesen“): „ Ich glaube nicht, dass Frau Schwerdtleins berufliche Orientierung bei der Vermittlung von SexarbeiterInnen liegen sollte. Sozialarbeit im Sinti- und- Roma- Segment hingegen befürworte ich.“Sogar Werbekooperationen könnten sich anbahnen, etwa in „ Wilhelm Tell“: „ Ich glaube nicht, dass die Axt im Haus den Zimmermann erspart – einfach zum Nachdenken gewidmet von Ihrem niedergelassenen Bautischler.“