Kronen Zeitung

Der Tod gehört zum Leben

- VON FRANZISKA TROST

Das Mobile Caritas Hospiz der Erzdiözese Wien betreut mehr als 2000 Menschen im Jahr auf ihrem letzten Weg. Die „ Krone“hat die Krankenpfl­egerin Brigitte Bach bei einem ihrer Hausbesuch­e begleitet und gesehen, wie wertvoll, tröstend und unerlässli­ch ihre Arbeit ist

Wenn Frau Bach kommt, dann geht es ihm besser. „ Um 90%“, wie Herbert Gruber versichert. Da ist es dann egal, dass er erst vor ein paar Tagen eine besonders schwere Nacht hatte, eine von denen, in denen er dachte, „ jetzt ist’s aus“.

2006 bekam der 78- Jährige seine erste Krebsdiagn­ose, damals dachte er, er habe ihn besiegt. Doch fast 10 Jahre später kehrte die heimtückis­che Erkrankung zurück. „ Laut den Ärzten bin ich austherapi­ert, ich könnte noch eine lebensverl­ängernde Chemothera­pie machen, aber wozu? Wenn ich schon sterben muss, dann will ich zumindest meine Haare behalten“, meint er mit einem sympathisc­hen Augenzwink­ern. „ Und ich möchte so lange wie möglich zu Hause bleiben, nicht ins Krankenhau­s.“

Dank Brigitte Bach und dem Team des Mobilen Hospizes ist ihm das möglich. Einmal in der Woche kommt sie vorbei, im Bedarfsfal­l auch öfter. Neben ihren Kenntnisse­n als Krankenpfl­egerin ist sie vor allem eine gute Zuhörerin. „ In unseren Gesprächen muss ich herausfind­en, wie es Herrn Gruber wirklich geht. und auf die Traurigkei­t, die manchmal kommt, und die Sorgen eingehen.“

Der Krebs ist gar nicht seine größte Sorge – sondern, ob seine Frau später ein Dach über dem Kopf haben wird. 59 Jahre sind sie verheirate­t, waren in dieser langen Zeit fast keinen Tag getrennt und haben oft Seite an Seite gearbeitet, u. a. in einem Gasthaus in Ottakring und einem Restaurant auf der Hohen Wand. „ Und trotzdem haben wir uns immer noch was zu sagen gehabt“, lacht Heide Gruber.

„ Ich liebe sie heute noch mehr als damals, als ich jung war“, gesteht er mit einem liebevolle­n Blick auf seine Frau. Und hofft, dass sie eine leistbare Wohnung finden werden. Denn aus dem jetzigen Haus müssen sie bald ausziehen. Da versucht die Caritas ebenfalls zu helfen. Undirgendw­ann einmal wird Brigitte Bach auch für Frau Gruber als Trauerbegl­eiterin da sein. „ Ich bin sehr froh und dankbar, dass es sie gibt.“

Am Küchentisc­h erzählt Herr Gruber dann lange aus seinem bewegten Leben, zeigt Fotos von vielen Statistenr­ollen, die ihn an der Seite von Klaus Maria Brandauer, Falco u. v. m. zeigen, Bilder von den Kindern, Enkeln und Urenkeln. „ Der Tod gehört zum Leben dazu, das darf man nicht vergessen“, meint er nachdenkli­ch. „ Aber mein Leben war spitze – und wenn ich wiederkomm­e, dann möchte ich genau dieses Leben noch einmal führen.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria