Kinderzimmer
Wie oft zittern Eltern, wenn ihre Töchter nicht zuhause sind. Wenn man sie ziehen lassen muss, weil man sie nicht ewig rund um die Uhr im Auge behalten kann. Die ersten Discobesuche, die erste Reise im Alleingang, die erste Übernachtung beim Freund – all die ersten Male, die zum Erwachsenwerden dazugehören.
Zuhause jedoch, im eigenen Zimmer, da sollte man sie eigentlich in Sicherheit wähnen dürfen. Und auch wenn es schon ein Jugendzimmer sein mag, für die Eltern bleibt es wohl immer das Kinderzimmer, diese kleine, wohlige Höhle der Geborgenheit, wo keine Gefahren lauern.
Wie schrecklich muss es für die Mutter von Michelle gewesen sein, an der Türe zu rütteln, keine Antwort von ihrer Tochter zu bekommen – und zu ahnen, dass dahinter der schlimmste Albtraum Wirklichkeit geworden ist. Zu erkennen, dass man dem Bösen Zutritt gewährt hat – und das Kinderzimmer jeglicher Unschuld beraubt wurde.
„ Ich begreife es nicht, ich bekomme das Bild nicht aus dem Kopf“, postete Michelles Schwester, die in diesem furchtbaren Moment an der Seite ihrer Mutter war, verzweifelt auf Facebook. Und man kann es wirklich nicht begreifen. Wie der mutmaßliche Täter, der in Österreich Asyl beantragte – also in einem sicheren Land Schutz vor der Gewalt in der eigenen Heimat suchte –, nun selbst so heimtückisch und feige Gewalt säen konnte. An diesem Ort, der der sicherste der Welt sein sollte. An diesem Ort, an dem eine Mutter nie um ihr Kind fürchten sollte.