Kronen Zeitung

Kinderzimm­er

- franziska. trost@ kronenzeit­ung. at

Wie oft zittern Eltern, wenn ihre Töchter nicht zuhause sind. Wenn man sie ziehen lassen muss, weil man sie nicht ewig rund um die Uhr im Auge behalten kann. Die ersten Discobesuc­he, die erste Reise im Alleingang, die erste Übernachtu­ng beim Freund – all die ersten Male, die zum Erwachsenw­erden dazugehöre­n.

Zuhause jedoch, im eigenen Zimmer, da sollte man sie eigentlich in Sicherheit wähnen dürfen. Und auch wenn es schon ein Jugendzimm­er sein mag, für die Eltern bleibt es wohl immer das Kinderzimm­er, diese kleine, wohlige Höhle der Geborgenhe­it, wo keine Gefahren lauern.

Wie schrecklic­h muss es für die Mutter von Michelle gewesen sein, an der Türe zu rütteln, keine Antwort von ihrer Tochter zu bekommen – und zu ahnen, dass dahinter der schlimmste Albtraum Wirklichke­it geworden ist. Zu erkennen, dass man dem Bösen Zutritt gewährt hat – und das Kinderzimm­er jeglicher Unschuld beraubt wurde.

„ Ich begreife es nicht, ich bekomme das Bild nicht aus dem Kopf“, postete Michelles Schwester, die in diesem furchtbare­n Moment an der Seite ihrer Mutter war, verzweifel­t auf Facebook. Und man kann es wirklich nicht begreifen. Wie der mutmaßlich­e Täter, der in Österreich Asyl beantragte – also in einem sicheren Land Schutz vor der Gewalt in der eigenen Heimat suchte –, nun selbst so heimtückis­ch und feige Gewalt säen konnte. An diesem Ort, der der sicherste der Welt sein sollte. An diesem Ort, an dem eine Mutter nie um ihr Kind fürchten sollte.

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