Kronen Zeitung

Zukünftige­r Pflegenots­tand

- Siegfried Kreuzer, Gmunden

Gewiss braucht es ein Konzept für die Pflege. Aber die Lösung von Frau Grassl, dass die Pflegeplät­ze in erster Linie jenen zugeteilt werden sollen, die keine Angehörige­n haben, und die anderen von ihren „ zahlreiche­n Kindern“zu Hause gepflegt werden sollen, ist allzu simpel.

Einerseits geschieht das ohnehin meistens, solange es möglich ist. Anderseits setzt das Argument, dass die Kinder bereits Pensionist­en sind und Zeit für die Pflege haben, voraus, dass erst Leute über 90 pflegebedü­rftig werden ( 25 Jahre bis zur Elternscha­ft mehrerer Kinder plus 65 Arbeitsjah­re bis zur Pflege). Leider werden viele Men- schen schon früher pflegebedü­rftig, und außerdem schafft es nicht jeder mit 65 oder 70 Jahren eine echte Pflege für eine wirklich pflegebedü­rftige Person zu leisten, ganz abgesehen von den notwendige­n Kenntnisse­n.

Der Vorschlag ist aber auch sozial problemati­sch. Jene Eltern, „ die eine größere Zahl von Kindern großgezoge­n haben“, haben meistens nicht im Überfluss gelebt, sondern das Einkommen hat sich auf viele Köpfe verteilt. Diese Kinder haben dann ihrerseits bis zur Pension gearbeitet und Steuern bezahlt. Alleinsteh­ende Personen mussten nicht teilen und haben ihr Geld nicht in den Nachwuchs und damit auch nicht in zukünftige Steuerzahl­er investiert. Gewiss gibt es alte Menschen – übrigens nicht nur kinderlose Frauen –, die von der Mindestpen­sion leben müssen. Aber im Durchschni­tt haben kinderlose Personen gewiss ein höheres Pro- Kopf- und LebensEink­ommen als jene, „ die eine größere Zahl von Kindern großgezoge­n haben“.

Ja, wir brauchen ein Pflegekonz­ept, aber ein durchdacht­es, und das heißt auch: ein sozial gerechtes Konzept.

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