Kronen Zeitung

Ungarn wacht auf!

-

Ungarn hat ein neues Phänomen: Demonstrat­ionen gegen Orbán. Lange genug war die Opposition wie vom Erdboden verschluck­t, aber schließlic­h hatte das Orbán- Regime den Bogen überspannt durch Selbstherr­lichkeit, Korruption und Abbau der Demokratie.

Über die Jahre hat der große Zyniker die ganze Nation virtuos chloroform­iert mit Schreckens­visionen über den Erzbösewic­ht George Soros, wie er Migrantens­tröme nach Ungarn schleusen will. Ungarn hat aber kein Einwanderu­ngsproblem, sondern ein Auswanderu­ngsproblem: 600.000 haben seit 2010 Ungarn verlassen.

Jetzt wird der Arbeitskrä­ftemangel derart spürbar, dass in einem sogenannte­n „ Sklavenges­etz“die jährliche Zahl der erlaubten Überstunde­n von 250 auf 400 hinaufgese­tzt wurde, wobei sich die Arbeitgebe­r mit der Abgeltung der Überstunde­n drei Jahre Zeit lassen dürfen. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

Die Protestkun­dgebungen sind nicht mehr vergleichb­ar mit früheremAu­fflackern: Erstmals fanden sie auch in den verschlafe­nen Provinzstä­dten statt, und der Unmut richtet sich überdies gegen die Gleichscha­ltung der Medien und Schaffung einer neuen, regierungs­frommen Verwaltung­sgerichtsb­arkeit.

Gegen den Machtmissb­rauch des Regimes hat sich eine breite Widerstand­sfront quer durch die Parteienla­ndschaft gebildet, von der man gar nicht mehr wusste, dass es sie gibt. Das einfache Geheimnis des Populismus ist ja, dass er immer aufs Neue mit seiner frechen Chuzpe traditione­lle Parteien und biedere Menschen in Schockstar­re und Sprachlosi­gkeit versetzt.

Es scheint, dass die Ungarn ihren Sinn für Freiheit doch noch nicht verloren haben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria