Wenig Wille, die Heimat zu verteidigen
62.000 weltweit geführte Interviews von Gallup- International liefern ein interessantes Bild über den Wehrwillen in 64 Nationen: Nur 21% der Österreicher würden mit Waffengewalt ihre Heimat schützen.
In Staaten im Mittleren Osten, in Nordafrika oder in Pakistan wären aktuell bis zu 94% der Landsleute bereit, ihr Land militärisch zu verteidigen, es ist für sie selbstverständlich. In Westeuropa dokumentierten die Meinungsforscher dagegen eine andere Haltung: Im Schnitt wollte nur ein Viertel der Bevölkerung im Krisenfall mit der Waffe in der Hand das Heimatland schützen.
„ Dieses Umfrageergebnis überrascht dann doch in seiner Deutlichkeit. Vermutlich fehlt uns Österreichern – so wie auch anderen Mitteleuropäern – ein konkretes Bedrohungsbild“, analysiert der Militärhistoriker Dr. M. Christian Ortner die aktuelle Studie. Der Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums betont: „ In den Krisenjahren 1956 und 1968 war wie überhaupt während des ganzen Kalten Krieges die Bedrohung eindeutig. Für moderne Streitkräfte ist es von enormer Bedeutung, der Bevölkerung zu vermitteln, wie schnell auch in unserer Gegenwart politische und soziale Krisen auch mitten in Europa ausgelöst werden können.“
Im Gallup- Ranking ( siehe Grafik rechts) liegt Österreich im letzten Viertel der 64 Nationen nur knapp vor Italien, Belgien, Deutschland, den Niederlanden und auch Japan.
In der ebenfalls neutralen Schweiz zeigten die befragten Bürger wesentlich mehr Willen, im Ernstfall ihr Land militärisch zu verteidigen: 39% der Schweizer würden für ihre Heimat kämpfen. Und bei den ebenso neutralen Schweden sagt dies sogar eine klare Mehrheit ( 55%).
„ Aktuelle Bedrohung nur schwer zu erfassen“
„ Die europäische Integration hat sicherlich viel dazu beigetragen, das Sicherheitsempfinden in Österreich zu verbessern“, meint Dr. M. Christian Ortner, dass sich das „ Bedrohungsszenario für uns eben zu einer hybriden Mischung verändert hat, die nur schwer fassbar und verständlich ist“. Die letzte große konkrete Bedrohungslage an Österreichs Grenzen – der Jugoslawienkonflikt 1991 – ist nun immerhin schon 27 Jahre her.
Muslime verteidigen ihr Land eher als Katholiken
Sind Länder ständig in Konflikten involviert, bekennt sich auch die Mehrheit der Bevölkerung zur militärischen Verteidigung: So ist in Nationen wie Israel ( 66%) und der Türkei ( 73%) klar, dass das Heimatland auch mit Waffengewalt verteidigt werden muss. In den an vielen Kriegsschauplätzen aktiven USA sehen das aber nur 44% der Bürger so
– offenbar fehlt doch das Bedrohungsszenario.
Ebenso interessant: Während nur 52% der Katholiken für ihre Heimat in den Krieg ziehen würden, ist der Wehrwille bei Muslimen ( 78%), Hindus ( 77%) sowie auch bei Buddhisten ( 66%) stärker. Und bei den Männern ist die Bereitschaft für einen bewaffneten Kampf mit 67% klar höher als bei den Frauen mit 52%.
Die Studie zeigt, dass auch die neuen Bedrohungsfelder der Bevölkerung klar vermittelt werden müssen.
Dr. M. Christian Ortner, Heeresgeschicht- - liches Museum Wien